Paradiesapfel für kalte Zeiten
Vitamin C aus der Grapefruit kann der Körper besonders gut verwerten
Die Grapefruit mit dem botanischen Namen »Citrus paradisi« - manchmal auch Paradiesapfel genannt - ist wahrscheinlich aus einer Kreuzung zwischen Apfelsine und Pampelmuse entstanden. Die Frucht mit dem französischen Namen »pampelmouse« kann jedoch ungleich größer und bis zu sechs Kilogramm schwer werden, während eine durchschnittliche Grapefruit nur ein halbes Kilo erreicht. Die erneute Kreuzung von Pampelmuse und Grapefruit in den 70 er Jahren in Israel brachte die Pomelo hervor, deren Pampelmusenanteil größer ist als bei der Grapefruit. Wichtige Anbaugebiete der Grapefruit sind Länder mit subtropischem Klima wie Israel, Marokko, Zypern und Spanien. Interessant ist, dass sich ihre Schalen erst dann von grün nach gelb verfärben, wenn die Nachttemperaturen fast den Nullpunkt erreichen.
Das große Plus frischer Zitrusfrüchte, besonders im Winter, liegt in ihrem Gehalt an natürlichem Vitamin C, das oft mit der synthetisch hergestellten Ascorbinsäure gleich gesetzt wird. Als Zusatzstoff in pasteurisierten, also hitzebehandelten, Fruchtsäften, vermag Ascorbinsäure aber keinesfalls das Vitamin C aus der Frucht zu ersetzen. Wissenschaftler wie David R. Jacobs von der University of Minnesota warnen schon seit vielen Jahren davor, dass sich die vermeintlich positive Wirkung von isolierter Ascorbinsäure in ihr Gegenteil verkehrt und das LDL-Cholesterin oxidiert, das dann wiederum die Blutgefäße schädigt und das Risiko für einen Herzinfarkt erhöht.
Im Zusammenspiel mit dem kompletten Verbund an Enzymen, Flavonoiden und Spurenstoffen verwertet der Körper das Vitamin C der Zitrusfrüchte optimal. Die Flavonoide verlängern die Wirkdauer des Vitamins, machen das Blut dünnflüssig und wirken beruhigend auf den Herzrhythmus. Die Zitronensäure, die sich in allen Früchten der Gattung Citrus findet, fördert die Ausscheidung von Harnsäure. Der Bitterstoff Naringin in Pampelmusen und Grapefruit führt zu dem entscheidenden Vorteil, dass der fruchteigene Zucker allmählicher ins Blut übergeht. Mehr noch, eine viertel Grapefruit vor dem Essen genossen, lässt den Kohlenhydratanteil der gesamten Mahlzeit gemäßigter ins Blut gelangen. Dadurch wird weniger Insulin benötigt. Der Körper muss nicht so viel davon ausschütten, und der Insulinspiegel bleibt relativ niedrig. Das bedeutet für den gesamten Organismus enorm viel, auch wenn keine erbliche Veranlagung zum Diabetes vorliegt. Denn hohe Insulinspiegel führen zu hohen Blutfettspiegeln, gleichzeitig zu mehr Appetit, geringer Ausscheidung von Harnsäure und Natrium, Wassereinlagerungen oder einem vermehrten Wachstum von glatten Muskelzellen in den Adern und in der Folge zu erhöhtem Blutdruck. Diesen Zustand bezeichnet man als Hyperinsulinämie. Er bewirkt, dass immer mehr dieses Hormons benötigt wird, um den Zucker aus der Nahrung in die Zellen zu schleusen. Kommt Bewegungsmangel hinzu, muss der Körper aus den überschüssigen Kohlenhydraten in der Leber Fett herstellen. Das Fett, das die Leber nicht speichern kann, schickt sie in Form von Cholesterin und Triglyzeriden ins Blut.
Wenn bei älteren Menschen das »schlechte« LDL-Cholesterin einen Wert von 100 Milligramm je Deziliter übersteigt, wird empfohlen, mit Statinen, Medikamenten zur Cholesterinsenkung, gegenzusteuern. Diese Arzneimittel vertragen sich jedoch nicht mit dem Saft der Grapefruit. Der Abbau des Medikaments in der Leber wird durch den Bitterstoff Naringin aus Pampelmuse und Grapefruit stark beeinträchtigt. Es können unkontrolliert hohe Medikamentenspiegel im Blut entstehen. Nebenwirkungen der Statine - das bekannteste ist das Simvastatin - treten dann um ein Vielfaches verstärkt auf. Dazu gehört Muskelschwäche, die auch das Herz betreffen kann.
Der Cholesterinsenker Simvastatin wird in Deutschland rund 14 Millionen Mal pro Jahr verordnet, die Hersteller erzielen damit einen Umsatz von über 300 Millionen Euro. An einer wichtigen Stellschraube, einem überhöhten Insulinspiegel bzw. einer Insulinresistenz, wird dabei jedoch nicht gedreht, stattdessen die Grapefruit vom Speiseplan gestrichen. Für eine zeitlich befristete Kur, während der nur wenige langsam ins Blut gehende Kohlenhydrate wie Hafer, Linsen, Tobinampur verzehrt werden, könnte man einen Versuch starten, die Lipidsenker wegzulassen. Das ist natürlich nur zusammen mit dem Arzt möglich. Bevor die Mahlzeiten mit Grapefruit begonnen werden, müssen die entsprechenden Medikamente allerdings schon einige Tage abgesetzt worden sein. Dies sollte genau mit dem Arzt abgestimmt und gegebenenfalls Blutzuckerverlauf sowie Blutdruck beobachtet werden. Neben frischen Zitrusfrüchten gehören zu einer solchen Kur Gemüsearten wie Porree, Sellerie, Winterkohlrabi und Sauerkraut, dazu kommen Walnüsse, Fisch oder Leinöl.
Für Patienten nach einem Herzinfarkt, bei denen man nicht auf Statine verzichten will, oder bei Einnahme bestimmter Antiallergika bzw. Kalziumantagonisten zur Senkung des Blutdrucks bieten sich frische Apfelsinen an Stelle der Grapefruit an. Bei anderen Arzneien wie Schilddrüsenhormonen besteht kein Grund, auf die gesunde Grapefruit zu verzichten, sofern man nach der Einnahme 30 Minuten wartet. Um Wechselwirkungen mit Schmerzmitteln zu vermeiden, sollte auch die Menge der verzehrten Grapefruit bedacht werden. Für ein Glas Saft muss eine ganze Frucht ausgepresst werden. Zwei bis drei Grapefruitspalten im bunten Obstsalat dürften unproblematisch sein.
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