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Linksextremismus? Thema verfehlt!

Miserables Zeugnis für Präventionsprogramm der Bundesregierung

  • Max Heim
  • Lesedauer: 3 Min.

Im Juni 2010 führte die damalige Familienministerin Kristina Schröder (CDU) ein Programm zur Linksextremismusprävention ein. Diesem kostspieligen und politisch umstrittenen Vorhaben wurde nun auch wissenschaftlich ein miserables Zeugnis ausgestellt. Das Deutsche Jugendinstitut e.V. (DJI) veröffentlichte den dritten Evaluationsbericht und konnte keinen Bedarf für ein flächendeckendes Präventionsprogramm zu Linksextremismus erkennen. Das übergreifende Problem besteht aus Sicht der Wissenschaftler darin, den Begriff Linksextremismus und die zugrunde liegende Extremismustheorie »in pädagogische Praxis zu übersetzen«. Diese Quadratur des Kreises gelinge keinem der begutachteten Projekte.

Der Jugendhof Scheersberg versucht politische mit künstlerisch-kultureller Bildung zu verknüpfen. Während bei einer Fahrt nach Berlin oder dem Seminar »Linke und Rechte im Netz« noch ein Bezug zu Linksextremismus vermutet werden kann, bleibt dies bei der Ausstellung zu antisemitischen Postkarten aus Kaiser- und NS-Zeit schleierhaft. Auch bei den traditionellen Sommer- und Winterakademien hat man versäumt zu begründen, warum diese mit öffentlichem Geld zur Linksextremismusprävention finanziert werden sollten. Immerhin beantragte der Träger mehr als 700 000 Euro beim Ministerium. Ob der Verein Gegen Vergessen e.V. eine ähnliche Themenverfehlung vollzieht, lässt sich noch nicht endgültig sagen, da der Träger nach zweieinhalb Jahren Laufzeit »noch mit der Konzeptionierung und Erstellung einer Homepage beschäftigt« ist.

In der Auseinandersetzung mit Linksextremismus machen es sich die Gedenkstätte Hohenschönhausen und die Deutsche Gesellschaft e.V. leichter. Sie übernehmen die Definitionen und Phänomenbeschreibungen des Verfassungsschutzes. Dieser kann sich freuen, mit den beiden Projekten einen verlängerten Arm in den Schulen zu haben. Im Bericht des DJI klingt es fast schon zynisch: »Die Leistung der Projekte liegt somit vorrangig in einem Wissenstransfer zwischen Wissenschaft/Sicherheitsbehörden und den Jugendlichen.« Aufgrund der »inhaltlich lenkenden Rolle der Workshop-Leitung« und einer »normativen Parteilichkeit« befürchten die Wissenschaftler, dass Jugendliche überwältigt und überfordert würden.

Eine dritte Gruppe von Projekten sieht trotz intensiver Suche keinen Bedarf an Präventionsarbeit: »Also bei Linksextremismus, da haben wir ja, was das angeht, momentan gar nichts zu tun«, sagt ein Projektmitarbeiter von jugendschutz.net. Ähnlich heißt es beim Violence Prevention Network: »Im Bereich des Linksextremismus besteht kein Bedarf für diese Art der Prävention.« Die Amadeu-Antonio-Stiftung distanzierte sich von Beginn an vom Konzept des Linksextremismus. Die Europäische Jugendbildungsstätte Weimar führt - in Ermangelung geschlossener linksextremer Weltbilder - statt Linksextremismusprävention eine eher unspezifische Demokratieförderung durch. Dies lässt sich das Ministerium immerhin 800 000 Euro in dreieinhalb Jahren kosten. Zum Vergleich: Projekte gegen Rechtsextremismus können maximal 100 000 Euro pro Jahr beantragen.

Mit Hilfe von mehreren Millionen Euro wurden verschiedene Träger beauftragt, in einem kaum erforschten Feld zu stochern. Ziel war es zu suggerieren, es bestehe ein gesellschaftlicher Bedarf an der pädagogischen Prävention von Linksextremismus. Aber sowohl das Gesamtprogramm als auch die Projekte sind bei der wissenschaftlichen Begutachtung durchgefallen: Themaverfehlung, mangelhafte Differenzierung des Gegenstandes oder Weigerung, die Aufgabenstellung zu bearbeiten. Bemerkenswert sind die deutlichen Worte vor dem Hintergrund, dass das DJI im Auftrag des Ministeriums evaluierte. Nun hat Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) alle Argumente in der Hand, um die Farce der Linksextremismusprävention zu beenden - der Aufschrei konservativer Stiftungen, Parteien und Kalter Krieger in pädagogischem Gewand wird trotzdem groß sein.

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