Lebende Bombe
Bert Papenfuß ist Redakteur der neuen Zeitschrift »Abwärts!«
Der Titel gibt die Richtung vor, in die man den Kapitalismus treten wollte, würde er nicht ohnehin dorthin kriseln: »Abwärts!« heißt eine neue Zeitschrift aus dem Dunstkreis jener Szene, die in der DDR als »Prenzlauer Berg Connection« die Unabhängigkeit lebte. »Abwärts!«-Redakteur Bert Papenfuß - Untergrunddichter, Kulturkneipier, Hipness-Hasser, Anarchist und »lebende Bombe«, wie er im Verlagstext zu einem seiner Bücher genannt wird - war damals schon mit von der Partie.
Das ist über ein Vierteljahrhundert her. Aber gestern wie heute, so steht es im Manifest-artigen Editorial der ersten Ausgabe, geht es - mit dem Schriftsteller, Ökonomen und Politiker Franz Jung gesprochen - um eine »Revolte gegen die Lebensangst«. Nicht geht es um irgendeine Sehnsucht nach der Nischen-DDR. Die politischen Essays, historischen Analysen, Gedichte und Bildkunstwerke der Zeitschrift, die alle zwei Monate erscheinen soll, stammen von Urhebern aus Ost und West.
»Abwärts!« versteht sich als Sammelbecken für die »zersprengte und vereinzelte Linke« und vereint eine Reihe vorangegangener Samisdat-Periodika wie die »Sklaven«, den »Gegner«, die »floppy myriapoda«, den »telegraph« und den kulturpolitischen Almanach »Zonic«. Einen Chefredakteur oder Herausgeber vermerkt das Impressum nicht - man nimmt den Anarchismus ernst und leitet kollektiv. Als Anlaufpunkt der Assoziative kann aber wohl Papenfuß’ Kulturspelunke »Rumbalotte continua« gelten, eine rauchende Festung für den »renitenten Rest« im ansonsten komplett yuppiesierten Prenzlauer Berg.
Papenfuß, 1956 in Mecklenburg geboren, lebt längst im Nachbarbezirk Weißensee: »Da ist es cooler als hier«, verriet er der »taz«, »es gibt sogar alte Leute und Prolls.« Der Name seiner Kneipe stammt aus einem schweinischen Seemannswitz, den wir hier lieber nicht erzählen. Aber »Rumbalotte«, so heißen auch eine nie produzierte Rockoper und ein paar Gedichtbände von Papenfuß. Es geht darin um »sozialrevolutionäre Tendenzen von Störtebeker bis heute«. »Abwärts« immer, aufwärts nimmer!
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