Armenspeisung statt Erhöhung des Bafög
Peter Nowak über Studenten, die das Angebot der Essenstafeln annehmen müssen
Seit Jahren wächst in Deutschland die Zahl der Menschen, die das Angebot von Essenstafeln nutzen müssen, weil sie sonst mit ihren geringen Einkommen nicht über die Runden kommen. Längst sind auch junge Menschen davon betroffen. Der Vorsitzende des Bundesverbandes Deutsche Tafeln e.V., Jochen Brühl, wies vor kurzem darauf hin, dass im letzten Jahr die Zahl der Studierenden, die die Essenstafeln nutzen müssen, angewachsen ist. In einigen Medien wurde diese Meldung zwar kurz aufgegriffen, aber schnell wieder vergessen. Der mit dem Begriff Vertafelung der Gesellschaft bezeichnete Boom der Tafeln im letzten Jahrzehnt ist ein Zeichen dafür, dass hierzulande auf die Verteilung von nicht einklagbaren Almosen statt auf eine gesetzliche garantierte Sozialpolitik gesetzt wird.
Im Kontrast dazu steht das Verhalten der Bundesregierung, die sich dafür feiert, dass sie den Bildungsstandort Deutschland stärkt. Die Meldung über die wachsende Zahl von Studierenden, die auf die Armenspeisung angewiesen sind, wurde durch die Nachricht überdeckt, dass der Bund die vollen Kosten des Bafög übernehmen will. Das stieß auf Zustimmung. Studentische Initiativen wie der bundesweite Zusammenschluss fzs monierten lediglich, dass eine Reform der staatlichen Studienförderung wieder einmal verschoben wurde.
Dabei hätte ihnen die Meldung vom Bundesverband Deutscher Tafeln die Grundlage für die Kritik an einer Bildungspolitik liefern können, die vermehrt Studierende zum Gang zu den Essenstafeln zwingt. Aus studentischer Sicht wäre denn auch eine Bafög-Erhöhung weniger eine Stärkung des Bildungsstandorts Deutschlands, sondern ein Beitrag zum Kampf gegen studentische Armut.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.