Der Osten will in den Osten

Ministerpräsidenten fordern bessere Bahnverbindungen nach Polen und Tschechien

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 3 Min.
Im Jahr 2019 läuft der Stabilitätspakt II aus. Weil dann auch die Schuldenbremse in Kraft tritt, fordern die Ost-Ministerpräsidenten eine Fortführung der Finanzhilfen.

»Es ist bisher viel erreicht worden. Doch es gibt nach wie vor noch strukturelle Unterschiede«, fasste Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Mittwoch die Entwicklung der neuen Bundesländer 25 Jahre nach der Wende zusammen. Für die Ost-Ministerpräsidenten war das Treffen mit der Kanzlerin in Berlin eine gute Gelegenheit, eine Weiterführung der Hilfen für ihre strukturschwachen Regionen über das Jahr 2019 hinaus zu fordern. Vor allem das Schienennetz soll dabei weiter ausgebaut werden.

Der Osten dürfe »nicht zusätzlich belastet werden durch Veränderungen bei den Finanzströmen«, sagte Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) mit Blick auf den im Jahr 2019 auslaufenden Solidarpakt II. Seit dem Jahr 2005 erhalten die neuen Bundesländer einschließlich Berlin aus diesem Topf Finanzhilfen in Höhe von insgesamt 156 Milliarden Euro. Zusammen mit dem Geld aus dem Bund-Länder-Finanzausgleich werden damit zwischen 14 und 16 Prozent der Gesamtausgaben der ostdeutschen Flächenländer bestritten.

Doch nicht nur bei der Rente sind 25 Jahre nach der Wende die Verhältnisse in Ost und West noch nicht dieselben. Die Wirtschaftsleistung pro Kopf beträgt im Osten immer noch lediglich zwei Drittel der Wirtschaftsleistung im Westen. Und dies hat auch Auswirkungen auf die Einkommen und die Lebensstandards. Jüngste Berechnungen des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle zeigen zudem: Ostdeutschland holt in Sachen Wirtschaftsleistung immer langsamer auf. Dies führt dazu, dass die Steuerkraft in den ostdeutschen Kommunen noch immer unter 60 Prozent im Vergleich zu der im Westen liegt. Gerade wenn ab dem Jahr 2020 die Schuldenbremse auf Landesebene in Kraft tritt, werden die öffentlichen Haushalte vor großen Herausforderungen stehen.

»Lebensnotwendig für den Osten ist die Fortführung eines Strukturausgleichs ab 2020«, erklärt Daniela Trochowski, Staatssekretärin im brandenburgischen Finanzministerium gegenüber »neues deutschland«. Die gemeinsame Erklärung der Ost-Ministerpräsidenten hält sie jedoch für eine »Endtäuschung«, da sie keine Forderungen beinhalte, wie der Strukturausgleich nach 2019 ausgestaltet werden solle.

Ähnlich äußerte sich der Ostkoordinator der LINKEN im Bundestag, Roland Claus: »Seit Jahren fordert meine Fraktion einen Solidarpakt III für schwache Länder in Ost und West.« Wirtschaftsprognosen würden immer wieder beweisen, dass insbesondere der Abstand des Ostens zu den westdeutschen Ländern noch auf Jahre bestehen bleiben würde. »In Anbetracht dieser Entwicklungsunterschiede brauchen wir einen sozialen und solidarischen Finanzausgleich, auch über das Jahr 2019 hinaus«, so Claus. Schließlich würden die Menschen in Deutschland seit 25 Jahren auf gleichwertige Lebensverhältnisse warten.

Auch wenn die Ministerpräsidenten eher vage blieben, wie die Finanzhilfen nach 2019 ausgestaltet werden sollten, in einer Sache wurden sie konkret: Sie forderten von der Bundeskanzlerin, dass das Schienennetz in den neuen Bundesländern verbessert werden soll. So wollen sie den Bund bitten, Voraussetzungen für eine Finanzierung des Ostkorridors für den Nord-Süd-Schienengüterverkehr zu schaffen und den Ausbau dieser Bahnverbindungen voranzutreiben. Die Landeschefs hoffen, dass dadurch die ostdeutschen Industriestandorte und die deutschen Seehäfen an das internationale Schienengüterverkehrsnetz angebunden werden.

Zudem drängt es die Regierungschefs zu ihren osteuropäischen Nachbarn in Polen und Tschechien. So kritisierten sie die Streichung der Personenfernzüge von Dresden nach Breslau sowie von Berlin nach Stettin. Im kommenden Dezember werde auch noch die Strecke Berlin-Breslau wegfallen. Solche Verbindungen seien jedoch für die wirtschaftliche Entwicklung der grenzübergreifenden Region notwendig, schreiben die Minister in ihrem Appell.

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