Ernte mit der Drahtschere
Mancherorts in Rheinland-Pfalz müssten die Bauern ihr Obst extra bewachen
Koblenz. Der Klau von Obst und Gemüse macht einigen Landwirten in Rheinland-Pfalz zu schaffen. »Das Problem gibt es«, sagte der Obstbau-Experte Norbert Schäfer vom Bauern- und Winzerverband Rheinland-Nassau in Koblenz der dpa. Begehrt bei Dieben seien vor allem Erdbeeren und Süßkirschen sowie Äpfel, bei Zwetschgen sei das weniger der Fall.
Oftmals würden Früchte auf Feldern als Allgemeingut betrachtet, so Schäfer, es müsse an das »soziale Gewissen« der Menschen appelliert werden. Auch der Bauern- und Winzerverband Rheinland-Pfalz-Süd berichtet von solchen Fällen. Schwierigkeiten mache nicht der Mundraub, bei dem Passanten mal einen Apfel mitgehen ließen, sagte Schäfer. Problematisch werde es, wenn kisten- und tütenweise Angebautes weggeschafft werde, und das geschehe durchaus. Außerdem würden teilweise - unabhängig von der gestohlenen Menge - Bäume geschädigt, etwa Äste abgerissen. Das sei schlecht für den künftigen Ertrag der Landwirte.
Derartige Vorfälle kämen vor allem dort vor, wo der Tourismus stark ausgeprägt sei, erklärt Hans-Dieter Stallknecht vom Deutschen Bauernverband. Welcher Schaden entstehe, sei von Fall zu Fall sehr unterschiedlich. Laut dem Zentralverband Gartenbau mit Sitz in Bonn ist Obst- und Gemüseklau für Landwirte zwar nicht existenzbedrohend, in Einzelfällen aber sehr ärgerlich. Die Landwirte stehen nach Einschätzung Schäfers dem Ganzen oft machtlos gegenüber. Selbst Zäune würden mit Drahtscheren durchgeschnitten. Wenn Landwirte eine Gruppe von Täter beobachteten, trauten sie sich manchmal nicht, sie zu stellen - aus Angst vor Handgreiflichkeiten.
Auch Andrea Adams, Sprecherin des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Pfalz-Süd, sagte, Diebstähle kämen immer wieder vor. »Obstproduzenten rund um Mainz können Ihnen da ein Lied von singen.« Mehr sei das in den vergangenen Jahren aber nicht geworden. In Stadtnähe werde mehr mitgenommen, weil dort mehr Spaziergänger, Wanderer, Jogger oder Radfahrer unterwegs seien. Christoph Vanberg, stellvertretender Geschäftsführer der Fördergemeinschaft naturnahe Obstwiesen und -weiden, betonte, es gebe abseits von Anbauflächen durchaus Areale, wo Obstliebhaber problemlos agieren könnten. Weil zu wenig für das Obst bezahlt werde, seien einige Besitzer nicht mehr bereit, mühevoll zu ernten. Einige Flächen seien seit Jahren verwahrlost. »Für diejenigen, die sich in Maßen bedienen wollen, gibt es Alternativen.« Im Internet schauen sich manche Obstfreunde unter www.mundraub.org sogar gezielt nach herrenlosen Bäumen um. dpa/nd
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