Schulgeräusche sind erlaubt

Bildungsrauschen

  • Lena Tietgen
  • Lesedauer: 3 Min.

Mit Beginn des neuen Schuljahres in Berlin dürfen die Kinder einer Grundschule im wohlhabenden Bezirk Zehlendorf nun mit Genehmigung des Verwaltungsgerichts frei spielen, turnen und musizieren. Anwohner hatten die Schule auf Errichtung einer Schallschutzmauer mit Sichtfenster für den Spielplatz und Schallschutzfenster für den Musik- und Gymnastikunterrichtsraum verklagt, verloren allerdings vor Gericht.

Laut tagesspiegel.de entschied das Verwaltungsgericht, »dass ›Nachbarn die üblicherweise von einer Grundschule ausgehenden Geräusche hinnehmen müssen, (denn) Kinder können sich beim Spielen nicht so kontrollieren wie Ältere und sollen das auch gar nicht müssen‹. Kinderlärm müsse nach dem Toleranzgebot im Bundesimmissionsschutzgesetz hingenommen werden. Eine Grundschule sei dabei mit einem Spielplatz vergleichbar.«

Hierauf wendet der User ThomasM ein: »Es mag ja sein, dass man von Anwohnern verlangen kann, gewisse Lärmemissionen dulden zu müssen, weil es eben Kinder sind. Gleichzeitig darf das aber kein Freibrief dafür sein, dass technisch wirksame und einfach durchführbare Maßnahmen einfach unterlassen werden. Es klingt einfach nach Profitmaximierung und Rücksichtslosigkeit gegenüber der Nachbarschaft, wenn man sich verweigert, Schallschutzfenster in wenigen Räumen zu installieren.« Für coyote ist das Scheitern der Klage »gut und richtig so. Denn Kinder gehören zum Leben!« Und verbloggt.net findet schon »den Begriff ›Kinderlärm‹ grotesk genug. Welch krankes Verhältnis zu einer Gesellschaft muss man haben, wenn man Kinder hinter eine Schallschutzmauer verbannen möchte. Außerdem geht es um die festgelegte Uhrzeit zwischen 7.30 Uhr und 16 Uhr. Und selbst in dieser Zeit sitzen die Kids meistens still im Klassenzimmer. Nur zu den Pausen wird es lauter.«

onkelrie schlägt vor, »die Nachbarn dazu zu verurteilen, um ihr eigenes Grundstück eine fünf Meter hohe Mauer zu bauen.« Das denkt DerJoker auch: »Es steht ihnen doch sowieso frei, zu demonstrieren, welch Geistes Kind sie sind. Sollen die sich doch einzäunen, die sich gestört fühlen. Man sollte sich doch über diesen alltäglichen Lärm von Kindern in Schulen freuen, sind ja eh nur die Pausen, am Wochenende ist es still und übers Jahr verteilt gibt es einige Monate Ferien.«

Aber nicht nur in Berlins Südwesten fühlen sich Anwohner gestört. Bereits 2010 hatten im smarten innerstädtischen Hamburger Bezirk Eimsbüttel Anwohner erfolgreich gegen Kitas geklagt, so dass laut zeit.de »die Kinder nachmittags die Gärten ihrer Kitas nicht betreten durften und die tatsächliche Zahl der genehmigten Kindergartenplätze stark hinter der geplanten zurückblieb«. Worauf max well schrieb: »Was wir hier erleben ist eine weitere Folge der Individualisierung, in der der Einzelne sich selbst überhöht. Man denkt vornehmlich an sich und seine eigenen Rechte und übersieht dabei, dass der Mensch als soziales Wesen auch ein Zusammenleben mit anderen Menschen organisieren muss.«

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