Verordnen funktioniert nicht
BMW-Leiter Döring spricht über Veränderungen bei der Musikwoche
nd: Was ist Ihr erster Eindruck von der BMW in diesem Jahr?
Björn Döring: Was mich überrascht: Ich bin kaputter bin, als ich gehofft habe. Die Zeit vorher war doch ganz schön anstrengend. Das ist ein gutes Zeichen. Wir haben einfach viel mehr Kooperationspartner dieses Jahr. Das klingt jetzt ein bisschen euphorisch - aber wir sind fast überrannt worden von Fachbesuchern. Im Vergleich zum letzten Jahr konnten wir uns um 1000 Fachbesucher steigern. Und wir haben noch mal eben schnell ein neues Festival dazu erfunden mit dem »First we take Streets«. Mein erster Eindruck ist also sehr, sehr positiv. Und das sage ich nicht nur als Sprecher der Veranstaltung, sondern weil ich persönlich überzeugt davon bin. Es fühlt sich wie eine richtig gute Veranstaltung an. Und das war in der Vergangenheit nicht immer so.
Insgesamt spielen über Bands während der BMW. Wie stellt man denn so ein Reisen-Programm zusammen?
Damit habe ich Gott sei Dank nicht so viel zu tun. Wir haben über 1500 Bewerbungen von Bands bekommen für das Showcase-Festival, dazu von Agenturen und Kooperationspartnern, die eigene Abende machen wollen. Die Kollegen, die das Ganze dann organisieren, sind akribisch genug, sich das alles anzuhören, was Wahnsinn ist. Da steckt viel Liebe zum Detail dahinter. Das unterscheidet das jetzige Showcase-Festival auch ganz stark von dem, was früher bei der Popkomm stattgefunden hat.
Wer entscheidet das letztlich, wer spielt und wer nicht?
Die Agentur Melt Booking, die unter anderem auch das Splash Festival und das Melt Festival und das Berlin Festival produziert.
Was halten Sie vom Umzug des Berlin Festivals?
Ich finde ihn super. Aber er hätte konsequenterweise schon letzten Oktober stattfinden und kommuniziert werden müssen. Also diese Hängepartie: erst gar nichts zu verkünden, weil man die Genehmigung nicht hatte. Dann doch nach Tempelhof zu gehen und dann plötzlich umzuziehen ist halt...Also ich kenne den dahinter steckenden Verwaltungsablauf und weiß, wie unglücklich das letztendlich war. Aber grundsätzlich finde ich den Umzug super, er spielt auch uns spielt in die Karten.
Auch die Music Week wird sich verändern, ab 2015 wird sie vom Music Board übernommen. Muss man sich Sorgen machen um die Musikwoche?
Nein, Sorgen muss man sich nicht unbedingt machen. Ich persönlich gebe der Music Week ein bisschen Ruhe mit auf den Weg. Die Veranstaltung war am Anfang extrem turbulent und musste in den ersten Jahren erstmal viele Hürden nehmen, um von der politischen Idee zu einer wirklichen Veranstaltung zu werden. Eine, die die Leute verstehen, wo sie Lust haben hinzugehen. Das war ja nicht unbedingt immer der Fall. Seitdem ich da bin, gibt es einen Kurs der Stabilität. Man musste das ganze Ding zu etwas machen, das überschaubar ist, das funktioniert, das auch realistisch Besucherzahlen kalkuliert, was da zu erwarten ist an Zuschauern. Es würde der BMW gut tun, einen bestimmten Rahmen einfach beizubehalten. Etwas Neues zu erfinden, nur weil man etwas Neues erfinden möchte, braucht man an der Stelle nicht.
Bleiben Sie der Musikwoche als Leiter erhalten?
Das wird alles in den nächsten Wochen besprochen. Ich habe unserem Beirat, ein Beratungsgremium für die Music Week, einen Plan vorgelegt, der von 2012 bis 2015 reicht. Das ist ein ernst gemeinter Entwicklungsplan und dementsprechend – er ist ja noch nicht abgeschlossen. Wenn es jetzt anders wird, wird es anders. Dann gibt es auch für mich andere Herausforderungen im Leben.
Was steckt denn hinter der Entscheidung des Abgeordnetenhauses, die Leitung zu Music Board zu übergeben?
Grundsätzlich ist es erst mal ein richtiger Gedanke, in Berlin ein Gremium zu haben für alles, was mit Popkultur zu tun hat. Das ist ja bisher über unterschiedlichste Verwaltungen und Senatsabteilungen verteilt. Auch mit dem Effekt, dass viele Künstler gar nicht wissen, dass sie die Möglichkeit haben, andere Förderung zu bekommen. Da macht das Music Board einen sehr guten Job, darüber aufzuklären. Wir haben auch von Seiten der Kulturprojekte als Produzent der Music Week, immer empfohlen, das zu bündelt.
Die Bezirksverordnetenversammlung FriedrichshainKreuzberg will bis Ende des Jahres über einen möglichen zentralen Festplatz entscheiden. Was finden Sie die Idee?
Mein spontanes Gefühl wäre zu sagen, das passt irgendwie nicht zusammen: KreuzbergFriedrichshain und zentraler Festplatz. Es kommt darauf an, was der können soll. Aber man kann den Leuten nicht verordnen, wo sie feiern sollen. Wenn etwas cool ist, dann gehen die Leute hin. Wenn es nicht cool ist, gehen sie nicht hin. Genau das haben wir ja mit der Music Week am Anfang auch gemerkt. Die Entstehungsgeschichte war so eine zweigleisige Sache. Zum einen haben die Verbände der Stadt, also die Berlin Music Commission und Club Commission und andere von der Stadt gefordert, dass es so eine Veranstaltung gibt wie die Berlin Music Week – als Plattform und Multiplikator. Dann war es aber tatsächlich eine politisch verordnete Idee, die da aus dem Gedanken herauskam, die Popkomm zu retten. So einen Geruch wird so eine Veranstaltung nur sehr schwer los. Und da haben viele Leute gewittert, dass es eine politisch verordnete Geschichte ist. Entsprechend war es nicht cool, und niemand wollte hin. Mittlerweile sind wir auf dem Weg, dieses Image zu ändern. Aber es war ein echt harter Kampf.
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