Ohne ausreichende Erkenntnisse

Schwarz-Grün in Hessen stoppt Beobachtung der Linkspartei und bremst bei NSU-Aufklärung

  • Hans-Gerd Öfinger
  • Lesedauer: 3 Min.
Während der hessische Verfassungsschutz die Linkspartei nicht mehr grundsätzlich für »verfassungsfeindlich« hält, fordert diese nach wie vor die Auflösung des Inlandsgeheimdienstes.

Das hessische Innenministerium möchte die Beobachtung der Linkspartei im Land durch den Inlandsgeheimdienst Verfassungsschutz einstellen. Derzeit lägen »keine Erkenntnisse vor, die für eine Beobachtung ausreichen«, erklärte Minister Peter Beuth. Der Minister machte allerdings klar, dass aus seiner Sicht »offen extremistische Zusammenschlüsse« in der Partei von seiner Entscheidung ausgenommen würden. Dazu zählt der Christdemokrat die Antikapitalistische Linke (AKL), die Sozialistische Linke (SL) und die Kommunistische Plattform (KPF) sowie die Jugendorganisation Linksjugend ['solid] und den parteinahen Studierendenverband DIE LINKE.SDS.

Dass die Linkspartei in Gänze nun nicht mehr überwacht werden soll, hat kaum Überraschung ausgelöst. Schließlich passt die Meldung in die politische Großwetterlage. So hat in anderen Ländern mit Ausnahme des CSU-regierten Bayern der Verfassungsschutz schon längst die offizielle Observierung der erst 2007 gegründeten Partei eingestellt. Jüngst hatte das Kölner Amtsgericht entschieden, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz sämtliche Akteneinträge über Gregor Gysi, Linksfraktionschef im Bundestag, löschen muss. 2013 hatte bereits das Bundesverfassungsgericht die Bespitzelung des Thüringer Linksfraktionschef Bodo Ramelow für verfassungswidrig erklärt.

»Es gibt für eine Beobachtung einer demokratischen Partei keinen Anlass«, begrüßte der hessische LINKE-Landeschef und Landtagsabgeordnete Ulrich Wilken die Entscheidung Beuths. »Der einzige Grund für die Beobachtung in der Vergangenheit war, dass der Verfassungsschutz dazu benutzt wurde, die LINKE öffentlich zu diskreditieren.«

Die Ankündigung Beuths bedeute allerdings nicht, »dass wir die Beobachtung des Verfassungsschutzes einstellen werden«, bekräftigte Wilken. »Die Verstrickungen mit der Neonazi-Szene, die Finanzierung und Stärkung dieser durch Geldzuweisungen an schwerste Straftaten begehende V-Leute müssen aufgeklärt und eingestellt werden.« Wer Verfassung und Demokratie schützen wolle, müsse den Verfassungsschutz abschaffen, so der Parlamentarier.

Erst im Sommer hatte sich der hessische Landtag nach monatelangem Drängen der Linksfraktion zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zum Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) und der Rolle von V-Leuten des Verfassungsschutzes bei einem NSU-Mordanschlag in Kassel im Jahre 2006 durchgerungen. Der Beschluss kam mit den Stimmen von SPD und Linkspartei bei Enthaltung von CDU, Grünen und FDP zustande. Nun drängt die Linksfraktion auf eine zielstrebige Ausschussarbeit und die Ladung von Sachverständigen, die bereits in Thüringen und im Bundestag in NSU-Untersuchungsausschüssen aufgetreten waren. In Thüringen hatte der Landtags-Untersuchungsausschuss »Rechtsterrorismus und Behördenhandeln« im August seine Arbeit abgeschlossen und einen knapp 1900 Seiten starken Bericht vorgelegt. Linke Kritiker in Hessen befürchten, dass die schwarz-grüne Koalition in Wiesbaden bei der Ausschussarbeit bremst.

Ihr Argwohn stützt sich auch auf Aussagen des Landtagsabgeordneten Jürgen Frömmrich (Grüne), der jüngst in einem Zeitungsinterview davor warnte, dass die Arbeit des hessischen Untersuchungsausschusses den seit 2013 laufenden Münchner NSU-Prozess »gefährden« könnte. »Im Gegensatz zum Bundestags-Untersuchungsausschuss haben wir parallel ein laufendes Strafverfahren«, so Frömmrich. Solche Bedenken eines Grünen dürften nicht nur bei Thüringer Parlamentariern Kopfschütteln auslösen.

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