Leben und Lieben ohne Bevormundung

Linke Gruppen wollen den rechtskonservativen Marsch für das Leben blockieren

  • Simon Brost
  • Lesedauer: 2 Min.

Von Jahr zu Jahr stieg die Zahl der Teilnehmer beim »Marsch für das Leben« in Berlin, während die Proteste stagnierten. Dieses Jahr sind zwei Bündnisse angetreten, um diesen Trend umzukehren. Die einen wollen am Brandenburger Tor eine Gegenkundgebung veranstalten. Andere rufen erstmals zu Blockaden auf.

»Rechte Kräfte erzielen seit einiger Zeit mit reaktionärer Familienpolitik Erfolge, wie sich auch in den Wahlergebnissen der abtreibungsgegnerischen AfD wiederspiegelt«, begründet Nicole Gohlke, wissenschaftspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion der LINKEN, ihre Unterstützung des Bündnisses für sexuelle Selbstbestimmung. Wie sie rufen zahlreiche Beratungsstellen, Politiker sowie Lesben-, Schwulen- und Frauenvereine ab 13 Uhr zu einer Protestkundgebung am Brandenburger Tor auf. Das Bündnis fordert das uneingeschränkte Recht aller Frauen, über ihren Körper selbst zu entscheiden und verteidigt eine Vielfalt von Familienmodellen. Es wirft den selbst ernannten Lebensschützern vor, mit aggressiven Aktionen wie der Diffamierung von Medizinern als »Massentöter«, Verleumdung im Internet, der Verbreitung von Falschaussagen über die Schwangerschaft und biologische Fakten Schwangerschaftsabbrüche zu erschweren.

Einen Aktionsticker zu den Protesten am
Samstag in Berlin gibt es hier. Aktuelles
via Twitter unter @nofundis

Darüber hinaus haben linksradikale Gruppen angekündigt, den Aufmarsch christlicher Fundamentalisten zu blockieren. »Wir sind beunruhigt über die stetig wachsende Beteiligung und wollen deshalb ein sichtbares Zeichen setzen«, erklärt Sarah Bachmann für das Bündnis mit dem Namen »What the Fuck«. Dass die Themen Familienpolitik und sexuelle Selbstbestimmung zunehmend von rechts aufgegriffen werden, sieht sie mit Sorgen. »Antifeminismus sabotieren« lautet deshalb der kämpferische Aufruf von postautonomen, queerfeministischen und antifaschistischen Gruppen. Zunächst wollen sie ab 11.30 Uhr mit einer Demonstration vom U-Bahnhof Kochstraße in Richtung Regierungsviertel ziehen. Im Anschluss ruft das Bündnis zu Blockaden auf. »Wir werden uns mit möglichst vielen Menschen auf die Straße setzen, stellen und legen, um den Marsch zum Stehen zu bringen«, erläutert Mareike aus dem Vorbereitungskreis.

Im Jahr 2008 formierten sich erstmals Proteste von antifaschistischen und feministischen Gruppen gegen den »Marsch für das Leben«. Mit kreativen Slogans, bunten Transparenten und viel Glitzer mischten sich die Gegner unter die »Lebensschützer«, um für das Selbstbestimmungsrecht von Frauen über ihre Körper zu demonstrieren. Aktivisten, denen es gelungen war, an eines der weißen Holzkreuze zu kommen, die die Abtreibungsgegner mit sich führen, warfen diese unter dem Jubel der Gegendemonstranten in die Spree. Die »Lebensschützer« verzichteten in der Folge auf eine Spreeüberquerung. Die wachsende Unterstützung für den Marsch verhinderten die Proteste nicht.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -
Dazu passende Podcast-Folgen:

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.