Anklage gegen Deutschbanker

Staatsanwaltschaft wirft Fitschen, Ackermann & Co. versuchten Prozessbetrug vor

Muss der Co-Chef der Deutschen Bank, Jürgen Fitschen, auf die Anklagebank? Darüber entscheidet nun das Landgericht München.

Die Staatsanwaltschaft München hat wie erwartet Anklage gegen fünf ehemalige und aktive Top-Manager der Deutschen Bank erhoben. Ihnen wird versuchter Prozessbetrug in einem besonders schweren Fall vorgeworfen. Das Gesetz sehe hierfür eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren vor, teilte die Behörde am Dienstag in München mit. Die Angeklagten - der derzeitige Co-Bankchef Jürgen Fitschen, die früheren Vorstandsvorsitzenden Josef Ackermann und Rolf E. Breuer, Ex-Aufsichtsratschef Clemens Börsig sowie Ex-Vorstand Tessen von Heydebreck - sollen sich zudem wegen uneidlicher Falschaussage verantworten. Nun muss die 5. Strafkammer am Landgericht München über die Zulassung der Anklage entscheiden. Dies dürfte mehrere Monate dauern. Die Deutsche Bank weist alle Vorwürfe zurück.

Bei dem Verfahren geht es erneut um die juristischen Nachwehen der Pleite des Münchner Medienmoguls Leo Kirch im Jahr 2002. Der mittlerweile verstorbene Unternehmer bzw. dessen Erben hatten der Deutschen Bank vorgeworfen, die Insolvenz durch ein SWF-Interview Breuers herbeigeführt zu haben. Nach jahrelangem Rechtsstreit vor Zivilgerichten einigte sich Deutschlands größtes Kreditinstitut mit den Kirch-Erben außergerichtlich auf eine Zahlung von 925 Millionen Euro.

Der Vorwurf des Prozessbetrugs

Der Prozessbetrug ist kein eigener Straftatbestand im Strafgesetz. Er fällt vielmehr unter den »normalen« Betrug, der im Paragraf 263 geregelt ist. Dort heißt es: »Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, dass er durch Vorspiegelung falscher Tatsachen oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.«

In einem besonders schweren Fall ist nach Angaben der Staatsanwaltschaft eine Strafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren möglich.

Dies ist allerdings lediglich ein theoretisches Szenario: Zunächst muss das Gericht entscheiden, ob es die Anklage zulässt. Sollte es dann zu einem Prozess mit einer Verurteilung kommen, hängt das Strafmaß von zahlreichen Faktoren ab. Das Strafgesetzbuch gibt nur den möglichen Rahmen vor. dpa/nd

Strafrechtlich könnte es nun also weiter gehen. Laut der 627-seitigen Anklageschrift der Staatsanwaltschaft sollen die Angeklagten im Prozess falsche Angaben über eine Vorstandssitzung kurz vor dem Interview Breuers gemacht haben, um Schadenersatzzahlungen zu vermeiden. Die Angeklagten bestritten, dass die Gläubigerbank dem finanziell angeschlagenen Medienunternehmer ein Mandat als »Mediator« anbieten wollte, um an der Vermittlung umfangreicher Beteiligungsverkäufe Kirchs zu verdienen. Interne Protokolle sollen aber ein anderes Bild vermitteln. Kirch lehnte nach eigenen Angaben das Angebot ab - kurz danach gab Bankchef Breuer sein umstrittenes Interview.

Besonders heikel ist die Anklage gegen den amtierenden Co-Bankchef Fitschen. Ihm wird allerdings keine Falschaussage vorgeworfen. Er wird lediglich verdächtigt, die womöglich unwahren Vorträge der anderen nicht verhindert beziehungsweise korrigiert zu haben. Aus Sicht der Staatsanwälte hat Fitschen damit den vermuteten Prozessbetrug gedeckt.

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