Bei Bahn und Lufthansa stehen weitere Streiks bevor
GDL: Kein unbefristeten Ausstände geplant / Pilotengewerkschaft VC erklärt Gespräche mit Lufthansa für gescheitert
Berlin/Frankfurt . Millionen Reisende und Pendler müssen sich in den nächsten Wochen auf massive Behinderungen im Zug- und Flugverkehr einstellen. Grund sind die festgefahrenen Tarifgespräche bei der Bahn und Lufthansa. Konkrete Streiktermine gibt es noch nicht. Die Gewerkschaften versicherten am Freitag allerdings, den Betrieb in beiden Unternehmen nicht gleichzeitig lahmlegen zu wollen.
Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) fordert fünf Prozent mehr Lohn und eine kürzere Wochenarbeitszeit. Zudem verlangt sie, auch für andere Berufsgruppen bei der Bahn verhandeln zu dürfen, die bisher von der größeren Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) vertreten werden. Der Tarifstreit bei der Lufthansa dreht sich um die Versorgung von rund 5400 Piloten beim Übergang in den Ruhestand.
GDL: Kein unbefristeten Ausstände geplant
Die GDL plant nach eigenen Angaben keine unbefristeten Ausstände. »Wir werden sicherlich die Öffentlichkeit rechtzeitig informieren, wann wir streiken und wie lange wir streiken«, sagte ihr Chef Claus Weselsky der Nachrichtenagentur dpa in Berlin. Die Lokführer seien sich ihrer Verantwortung bewusst. Bis zum Donnerstag (2. Oktober) läuft unter den Mitgliedern eine Urabstimmung über reguläre Streiks. In der laufenden Tarifrunde hatte es schon zwei Warnstreiks gegeben.
»Wir stimmen uns weiterhin mit der Gewerkschaft der Lokführer ab, damit die Verbindungen nicht gleichzeitig auf beiden Verkehrsträgern ausfallen«, sagte der Sprecher der Vereinigung Cockpit (VC), Jörg Handwerg, der dpa. Streiks würden »am Vortag« angekündigt, eine feste Frist von 24 Stunden vor dem Beginn soll es aber nicht mehr geben.
-
Bahn: Streik beendet / Lufthansa: Streik vor dem StartVereinigung Cockpit legt auch Arbeit auf Langstreckenflügen nieder / Bis zum Montagvormittag wieder Normal-Takt im Zugverkehr angestrebt
-
/ Elmar WigandGDL-Streik: Bahnvorstand ist das ProblemElmar Wigand über den Arbeitskampf der Eisenbahner
-
/ Rainer BalcerowiakGDL: Rückenwind im Tarifkampf mit Deutscher BahnDie GDL-Einigung mit der Netinera-Gruppe setzt die Deutsche Bahn unter Druck
Er werde aber alles tun, um den Gesprächsfaden nicht abreißen zu lassen und Schaden von den Fahrgästen abzuwenden. Weber warf der GDL vor, sich nicht auf ernsthafte Verhandlungen eingelassen zu haben. Sie riskiere bewusst eine Störung des Betriebsfriedens, ihre Behauptungen seien zum Teil haarsträubend und ehrverletzend.
Weselsky warf der Bahn seinerseits vor, sie habe kein Interesse daran, den Konflikt zu lösen. Der Konzern setze darauf, dass ein angekündigtes Gesetz zur Tarifeinheit die GDL schwäche: Die Maßgabe, dass für jede Berufsgruppe nur ein einheitlicher Tarifvertrag gelten soll, habe das Unternehmen zur Vorbedingung der Gespräche gemacht.
Die GDL bekräftigte jedoch ihren Anspruch, neben den Lokführern auch Zugbegleiter und anderes Personal vertreten zu dürfen. Man sei nicht bereit, sich hierbei der EVG zu unterwerfen, sagte Weselsky. Wie die Bahn lasse auch Lufthansa die Auseinandersetzung eskalieren, um ein Tarifeinheitsgesetz im Sinne der Unternehmen zu bekommen: »Es ist doch augenfällig, dass die Piloten auch nicht weiterkommen.«
Die Pilotengewerkschaft VC hatte vor zehn Tagen ihre bereits geplante fünfte Streikwelle kurzfristig abgesagt und neue Gespräche mit Lufthansa zu den Übergangsrenten ihrer Mitglieder aufgenommen. Am Donnerstag erklärte Cockpit die Gespräche dann aber für gescheitert.
Lufthansa-Personalchefin Bettina Volkens warf den Piloten vor, nicht an partnerschaftlichen Lösungen interessiert gewesen zu sein. Beim Teilprojekt »Jump« für kostengünstigere Langstreckenflüge unter der Marke Lufthansa hätten sie sich nicht offen für Regelungen gezeigt.
Nach Einschätzung von Beobachtern könnten nun sogar Leiharbeiter im Cockpit infrage kommen. Nach einer Urabstimmung zu den Übergangsrenten hat die VC seit April in bislang vier Streikwellen 4300 Flüge mit rund 480 000 betroffenen Passagieren ausfallen lassen. dpa/nd
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.