Unsere Zeit
Freitags Woche
Es ist schwer, leichte Worte über Medien zu finden in einer Gegenwart, die von ihnen auch in Ländern mit wahrhaftiger Pressefreiheit nicht mehr gefahrlos geschildert werden kann - und sei es mit den arglosen Mitteln des Humors. Angesichts des Anschlags einer Bande gottloser Henker auf die »Charlie Hebdo«-Redaktion wirkt ein Sturm im Wasserglas der FDP daher noch bedeutungsloser, aber auch er sagt etwas über die Zeit, in der wir leben. Beim liberalen Dreikönigstreffen nämlich, trotz Irrelevanz weiter Topthema der »Tagesschau«, zoomte die Kamera von den Füßen der Hamburger Spitzenkandidatin Katja Suding über den Minirock zum Kopf, was zu Recht als sexistisch kritisiert wurde - fehlte der Pennälerperspektive doch jede Metaebene.
Oder?
Unterstellen wir der ARD mal kurz, die nackten Politikerinnenbeine nur gezeigt zu haben, weil sie die Oberflächlichkeit der Partei so gut verkörpern. Aber das wäre wohl doch zu wohlwollend. Wie die Annahme, das Erste übertrage ab 4. Juli wieder die »Tour de France«, da der Radsport nun sauberer sei. Oder der Abschied Friedrich Mückes und Alina Levshins vom Erfurter »Tatort« nach nur zwei Folgen habe nicht mit miesen Drehbüchern zu tun. Jedenfalls landen die zwei unterforderten Darsteller nicht dort, wo sich die abrufbereite Leipziger Kollegin Thomalla bald finden könnte: im Dschungelcamp. Das wird Freitag von elf internationalen Topstars wie Roberto Blancos Tochter, Heidi Klums Rolfe und Glückrads Maren Gilzer bezogen, während der »Bachelor« zwei Tage zuvor schon mal die Bewohner für 2016 castet. Ansonsten prägt RTL die neue Woche nicht nur durch verklappten Dünnpfiff.
Donnerstag (21.15 Uhr) startet die Serie »Männer!«, deren Titel darüber hinwegtäuscht, dass die Adaption der holländischen Idee einer WG dreier verlassener Kerle Potenzial hat, das Senderniveau zu übertreffen - auch wegen Hans-Jochen Wagner in der Hauptrolle. Dienstag startet die vierte Staffel von »Game of Thrones«, was nicht weiter kommentiert werden muss. Und parallel dazu darf man beim Partnerkanal Vox gespannt sein, ob Beyoncés Choreograf Dennis Jauch aus Brandschützern oder Köchen unterhaltsam Tänzer macht.
Weil letzteres aber doch eher fraglich ist, wenden wir uns den wichtigeren Dingen des TV-Lebens zu: Der »Story im Ersten«, die Montag (22.45) ein Exklusiv-Interview des NDR-Reporters John Goetz und seines dänischen Kollegen Poul-Erik Heilbuth mit Edward Snowden zeigt, was die ARD im Anschluss mit der Doku »Schlachtfeld Internet« abrundet. Tags darauf läuft der sechsstündige Arte-Schwerpunkt zum 70. Jahrestag der Auschwitzbefreiung, aus dem »Night Will Fall« um 21.45 Uhr heraussticht: die Rekonstruktion von Alfred Hitchcocks Reportage über ein befreites KZ. Und am Donnerstag, einen Tag nachdem das neue Heft von »Charlie Hebdo« (mit einer Millionenauflage statt mit 60 000 Exemplaren) erschienen sein wird, zeigt Arte die Serie »Paris«, ein bildgewaltiges Panoptikum um sechs scheinbar völlig verschiedene Charaktere der verwundeten, aber unverwüstlichen Stadt.
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