Propaganda in der Pampa
»Homeland« in Berlin
Berlin sei arm, aber sexy, hat Ex-Bürgermeister Klaus Wowereit einst festgestellt. Die regionale Filmförderung, das Medienboard Berlin/Brandenburg, sorgt nun dafür, dass Berlins Sex-Appeal noch weiter in die Welt getragen wird - und macht die Hauptstadt dadurch noch ein bisschen ärmer: Über eine Million Euro überreicht das Medienboard den Produzenten der TV-Serie »Homeland« dafür, dass sie die fünfte Staffel (seit diesem Dienstag) in Berlin drehen und auch inhaltlich teilweise dort ansiedeln.
So einfach ist die Rechnung natürlich nicht. Selbst wenn es zunächst obszön erscheint, dem US-Kabelriesen »Showtime« solche Unsummen in den Rachen zu werfen, so zahlt sich diese Praxis für die Region angeblich aus: Jeder vom Medienboard in Filmprojekte investierte Euro komme fünffach zurück, erklärte gerade Björn Böhning, Chef der Senatskanzlei in Berlin, dem »Tagesspiegel«.
2011 mit einer fast schon gesundheitsgefährdend spannenden ersten Staffel gestartet, hat die Serie ihren Zenit lange überschritten. Und je mehr die Dichte nachlässt, umso mehr nervt die labile Hauptdarstellerin (Claire Danes), umso penetranter schieben sich die militaristischen und islamfeindlichen Elemente in den Vordergrund dieser unterm Strich Propaganda-Serie für den US-Terrorkrieg. Dennoch würden viele Menschen »Homeland« wahrscheinlich noch immer zum Heißesten im ohnehin heißen Bereich der aufwendigen TV-Serie zählen. Ein besseres internationales »Standortmarketing« kann sich die Stadt also kaum denken - auch bei jenen, die die Serie als Kriegs- und Islamhetze anklagen. Berlins spröder, kalter Charme passt zudem perfekt zu »Homeland« und die zentrale Rolle Berlins im Kalten Krieg färbt noch auf jede Spionagestory kultig ab.
»Homeland« nimmt die Menschen ein durch eine perfekte Produktion, ein raffiniertes Skript, durch ordentliche Darsteller und mitreißende Thrillerelemente - einerseits. Andererseits stößt es ab durch fast schon volksverhetzende muslimische Stereotype und dreiste US-Gewaltrechtfertigung.
Letzteres muss den Genuss der Serie nicht unbedingt trüben, so wie man ja auch James-Bond-Filmen ertragen kann - wenn man es schafft, die dort propagierten, holzschnittartigen Weltbilder zu ignorieren. Aber voll auf den Leim gehen sollte man den TV-Terrorkriegern dann doch nicht, wie etwa Stefan Kuzmany, der sich im »Spiegel« freut: »Die Serie ›Homeland‹ thematisiert die Schattenseiten von Amerikas ›Krieg gegen den Terror‹. […] Selten hat eine Serie den Krieg so gut beschrieben - obwohl kaum ein Schuss fällt.« Das ist Humbug. »Homeland« thematisiert keine Schattenseiten, sondern ist vor allem eine Rechtfertigungs- und Verkaufsveranstaltung für interessengeleitete und illegale Geheimdienst-Attacken im In- und Ausland. Das sollte man bei aller wohligen Gänsehaut nicht vergessen.
Außer in Berlin soll die fünfte Staffel auch in Syrien spielen. Simuliert wird diese westlich angefachte Hölle des Bürgerkriegs - in der Brandenburger Pampa.
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