+++ Ist das Meinungsfreiheit in Bayern? +++
nd-Newsblog zu den Gipfelprotesten: G7-Gegner beklagen Repression durch Polizei / Hunderte protestieren in Garmisch gegen Krieg / Umfrage: Bundesbürger erwarten keine Fortschritte / Grüne fordern auf der Zugespitze klare Ziele zum Klimaschutz
Update 21.00 Uhr: Rück- und Ausblick zum Gipfel
So langsam neigt der Tag im Protestcamp in Garmisch dem Ende, zum Schluss noch ein kurzer Überblick zu den letzten aktuellen Ereignissen.
Sowohl der Freistaat Bayern als auch das Aktionsbündnis »Stop G7 Elmau« legten am Freitagabend Beschwerde gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes München ein. Ein Richter hatte enschieden, dass lediglich bis zu 50 Demonstranten am Sonntag in »Sicht- und Hörweite« von Schloss Elmau demonstrieren dürfen. Ein Sprecher des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs kündigte eine Entscheidung des Gerichts im Laufe des Samstags an. Bündnissprecher Benjamin Ruß erklärte: »Wir gehen alle oder keiner.«
Im Protestcamp versammelten sich im Tagesverlauf immer mehr Gipfelgegner. Das Zeltlager ist für rund 1000 Camper ausgelegt. Die Organisatoren rechnen damit, dass der Platz nicht reichen wird. Sollten die Gipfelgegner ein weiteres Grundstück benötigen, müssten sie jemanden finden, der es ihnen anbietet. Nach nd-Informationen liegen dem Bündnis allerdings bereits mehrere Angebote von Anwohnern vor.
Am Samstag hat das Bündnis »Stop-G7-Elmau« eine Großdemonstration in Garmisch-Partenkirchen mit bis zu 10.000 Teilnehmern angemeldet. nd/Agenturen
Update 20.10 Uhr: Gelebter Ferienkommunismus
Wenn man in Garmisch-Partenkirchen ankommt, bewahrheitet sich nur ein Aspekt, über den man zuvor in den Medien gelesen hat: Es gibt eine massive Polizeipräsenz. Was man in ersten Gesprächen mit Anwohnern aber erfährt, zerstört das Bild, das man sich durch Medienlektüre aufgebaut hat. Nicht die Campbewohner werden als Problem gesehen sondern die massive Präsenz der Beamten. nd-Redakteur Niels Seibert berichtet aus Garmisch-Partenkirchen. nd
18.15 Uhr Linke Jugendverbände kritisieren Gipfel - »G7 stoppen! Kapitalismus abschaffen!«
In einer gemeinsam Erklärung kritiserien vier linke Jugendverbände aus Deutschland, Österreich und der Schweiz den G7-Gipfel in Elmau. Die Vorsitzenden der Sozialistischen Jugend Österreich (SJÖ), der JUSOs Schweiz, der Sozialistischen Jugend Deutschlands – Die Falken sowie der Jusos in der SPD erklären, dem Treffen fehle es an demokratischer Legitimation: »Die Berechtigung zur Beratung und Entscheidung über globale Fragen zieht die G7 allein aus ihrer politökonomischen und militärischen Vormachtstellung«, sagt die SÖJ-Vorsitzende Julia Herr.
JUSO-Schweiz Präsident Fabian Molina kritisiert vor allem die von den G7 betriebene Wirtschaftspolitik: »TTIP, CETA und TISA sind neue Metaphern für die drohende Senkung unserer Arbeits-, Sozial- und Umweltstandards. Diese Abkommen bedeuten eine Gefahr für unsere öffentliche Daseinsvorsorge.«
Kritik an der Kriminalisierung der Gipfel-Demonstranten äußern Josephin Tischner und Immanuel Benz von Den Falken: »In Zeiten der Krise gibt es eine allgemeine Zunahme von Repression. Die ständige Warnung vor einem vermeintlichen Linksextremismus zielt klar darauf ab, den Protest gegen den G7-Gipfel insgesamt zu delegitimieren und nicht zuzulassen anstatt sich mit inhaltlicher Kritik auseinanderzusetzen.«
Die Juso-Bundesvorsitzende Johanna Uekermann fordert ein radikales Umdenken in der Politik zur Bekämpfung der Armut: »Unzählige Male haben solche Gipfel die Bekämpfung der Armut versprochen. Doch die Realität sieht anders aus. Kein Land der G7 bringt die zugesagten 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für Entwicklungszusammenarbeit auf.«
Die vollständige Erlärung gibt es hier als Download. rdm
17.50 Uhr: Unwetterwarnung für die Region Garmisch-Partenkirchen
Als wären die Behinderungen durch Polizei und die bayerische Justiz nicht schon Stress genug für die Campbewohner am Ortsrand von Garmisch-Partenkirchen, drücken nun auch noch die Wetterprognosen ein wenig auf das Protestgemüt. Nach einem heißen Sommertag sagt der Deutsche Wetterdienst für den Abend ein Unwetter mit teils schweren Gewitter voraus. Bleibt zu hoffen, dass die Zelte sicher verankert sind. rdm
17.15 Uhr: Nur 50 Demonstranten in »Sicht und Hörweite«
Meinungsfreiheit der bayerishen Art. Nur 50 G7-Gipfelgegner dürfen am Sonntag »in Hör- und Sichtweite« des Treffens der Staats- und Regierungschefs auf Schloss Elmau demonstrieren. Das hat das Verwaltungsgericht München am Freitag entschieden. Ansonsten aber wies das Gericht die Klage der G7-Gegner gegen behördliche Beschränkungen für ihren für Sonntag geplanten Sternmarsch ab.
Die von den Behörden angeordneten Routenänderungen und -kürzungen für den Sternmarsch von Garmisch, Mittenwald und Klais in Richtung Elmau seien »aus Gründen der Gefahrenabwehr« gerechtfertigt, so das Gericht. »Im Hinblick auf den hohen Rang des Versammlungsgrundrechts« sei aber dem Antrag der G7-Gegner stattgegeben worden, dass eine Delegation von höchstens 50 Aktivisten in der Nähe von Schloss Elmau demonstrieren können muss. Ihnen soll dafür eine begrenzte Fläche zugewiesen werden, zudem sollen sie Personenkontrollen unterliegen.
»Die Versammlungsteilnehmer dürfen aber den unmittelbar um das Schloss eingerichteten inneren Sicherheitsbereich nicht betreten«, betonte das Gericht (Az: M 7 S 15.2222). Zudem dürfen die Behörden weitere Auflagen - beispielsweise zeitlicher Art - erlassen.
Ein Anwalt des Bündnisses sagte am Freitagnachmittag auf Anfrage, man prüfe noch, ob man die Gerichtsentscheidung akzeptiere oder dagegen Beschwerde einlege. Mit einer ersten Klage - gegen das Verbot eines Protestcamps auf einer Wiese bei Garmisch - hatte das Aktionsbündnis »Stop G7 Elmau« noch weitestgehend Erfolg gehabt. Der Sternmarsch am Sonntag ist neben der großen Demonstration am Samstag einer der zentralen Teile der Anti-G7-Proteste in Garmisch. dpa/nd
Update 15.00 Uhr: Protestbündnis beklagt Repression
Nachdem die Polizei bereits mehrfach Pressevertreter bei der Anreise behindert haben soll, meldet nun auch das Bündnis »Stop-G7-Elmau« wiederholt Schikanen gegen anreisende Campteilnehmer und Gäste. So soll die Ökonomin Jayati Ghosh vier Stunden in einer Polizeikontrolle gewartet haben, ehe sie zu einer Kundgebung am Hauptbahnhof in Garmisch-Partenkirchen durchgelassen wurde, wo sie als Rederin auftreten sollte. (Ein Porträt über die Wirtschaftswissenschaftlerin lesen Sie hier.) Unterwegs soll Ghosh insgesamt drei Mal von der Polizei angehalten worden sein. Ebenfalls von einer polizeilichen Schikane spricht das Bündnis bei einem Fall von drei Sanitätern, die auf dem Weg von München nach Garmisch von Beamten durchsucht worden sein sollen. Die Beamten sollen gedroht haben, die Schutzkleidung der Helfer zu beschlagnahmen. »Wir fordern die Polizei auf, die Schikanen und Provokationen sofort zu stoppen und endlich einen freien Zugang zum Protestcamp und zu unseren angemeldeten Kundgebungen zu gewährleisten«, fordert Bündnissprecher Benjamin Ruß. rdm
Update 14.25 Uhr: G7 sind keine Stellvertreter der Welt
Gegner des G7-Gipfels kritisieren immer wieder, das zweitägige Kamingespräch der selbst ernannten »Wirtschaftsnationen« vertrete nicht die Interessen der weltweiten Mehrheit. Mit ein paar Statistiken lässt sich diese Behauptung untermauern: In den Teilnehmerstaaten Deutschland, Frankreich, Italien, Japan, Kanada, Großbritannien und die USA lebt nur etwa 1/7 der Weltbevölkerung. Polititische, gesellschaftliche und politische Schwergewichte wie China und Indien hätten längst am Tisch Platz nehmen müssen, würden die G7 sich an ihre eigenen Maßstäbe halten.
Wie das Treffen aussehen müsste, wären tatsächlich die sieben stärksten Wirtschaftsmächte daran beteiligt, haben die Kollegen der FAZ in einer Grafik aufbereitet. Zum elitären Club gehörten demnach aktuell: USA, China, Indien, Japan, Deutschland, Russland, Brasilien, Großbritannien (Absteigend nach Wirtschaftskraft geordnet).
Update 13.35 Uhr: Vorsicht! Ein Panzer rollt durch Garmisch!
Zugegeben, dabei handelt es sich nur um einen Nachbau, den das Bündnis »Stop-G7-Elmau« gebastelt hat, um gegen die weltweiten kriegerischen Konflikte zu proestieren, an denen die G7-Staaten oftmals nicht ganz unschuldig sind. Deutschland mischt als drittgrößter Waffenexporteur der Welt in den tödlichen Geschäft seit Jahrzehnten kräftig mit.
Der Anti-G7-Protestmarsch hat inzwischen das »George C. Marshall Europäisches Zentrum für Sicherheitsstudien« erreicht. Die deutsch-amerikanische Denkfabrik beschreibt sich selbst so: »Sein Auftrag besteht in der Schaffung eines stabileren Sicherheitsumfelds durch die Unterstützung demokratischer Institutionen, die Verbesserung von Beziehungen und die Förderung eines aktiven, friedlichen, ressortübergreifenden Ansatzes im Umgang mit transnationalen und regionalen Sicherheitsproblemen sowie dem Aufbau von tragfähigen Partnerschaften weltweit.« Da fühlen wir usn doch gleich viel sicherer in Garmisch. Fehlen eigentlich nur noch ein paar Pappkameraden rdm
Update 13.10 Uhr: Elmau goes Hollywood
Nein, noch haben George Lucas oder Steven Spielberg sich nicht gemeldet, um sich die Rechte an der Geschichte zu sichern, die dieser Tage in Elmau geschrieben wird. Für einen Hollywood-Blockbuster sind sechs Herren und eine Frau, zwei Tage eingesperrt in einem bayrischen Provinzhotel, auch mit Sicherheit keine gute Story. Auf Twitter machen sich viele User aber dennoch bereits unter dem Hashtag #elmaufilme Gedanken, wie der Anwärter auf den schlechtesten Film des Jahres heißen könnte. Hier ein paar gesammelte Vorschläge:
- »Spiel mit das Lied von Elmau«
- »Elmau und die sieben Zwerge«
- »Elmaudus: Götter und Präsidenten«
- »Million Dollar Meeting«
- »Männer, die auf Merkel starren« rdm
12.50 Uhr: Demo zieht durch Garmisch
Was wäre ein Protestcamp gegen G7 ohne Demonstration? Richtig: Nix! Etwa 250 Teilnehmer haben sich vor wenigen Minuten in Garmisch auf den Weg in die Innenstadt gemacht, wie das Bündnis »Stop-G7-Elmau« eben meldet. Zunächst soll die Polizei versucht haben, den Protestmarsch zu stoppen, ließ die Gruppe dann aber doch weiterlaufen. »Brecht die Macht der Banken und Konzerne. A Anti Antikapitalista. Hoch die internationale Solidarität«, rufen die AktivistenInnen.
Wir dürfen gespannt sein, auf wie viel Publikum die Demo trifft. Wie eine Vertreterin der Handelsvereinigung Garmisch-Partenkirchen heute Morgen im Interview mit Phoneix erzählte, hätten viele Inhaber ihre Läden vorsichtshalber geschlossen. Einerseits aus Angst vor Gewalt, andererseits da sich das Geschäft nicht lohnt, seit die Polizei im Ort massive Präsenz zeige. rdm
12.30 Uhr: Protest auf dem Dach der Republik
Rauf auf die Zugespitze. Die Grünen haben den höchsten Berg Deutschlands erklommen und grüßen die G7-Vertreter ganz weit unten in den bayerischen Niederungen von Elmau. »Das Wasser steht uns bald bis hier«, heißt es auf einem Transparent, das Aktivisten aufgespannt haben. Die G7 wollen bei ihrem Treffen mal wieder über den Klimawandel reden. Ob es zu konkreten Abmachungen kommt? Die Grünen hoffen es jedenfalls. rdm
Update 12.20 Uhr: G7 – Alle Infos im Netz
Im digitalen Dickicht fällt es oft schwer, den Überblick zu behalten. Hier als kleiner Service die wichtigsten Quellen, wo es Infos zu den G7-Protesten und zum Gipfel gibt:
- @stopg7elmau Offizieller Account zur Aktionswoche vom 3. bis 8. Juni 2015.
- @StopG7Berlin Berliner Bündnis zu G7 sammelt aktuelle Infos.
- @Lijusolid Die Linksjugend [solid] ist in Elmau vor Ort.
- @GJ_Bayern Die Grüne Jugend Bayern twittert ebenfalls aus Elmau
- @attac_friends Hier zwitschert Attac rund um den G7-Gipfel.
- @retep_kire Der Kollege Erik peter von der taz schreibt und berichtet aus Elmau.
- Hashtags für Twitter: #stopG7 #stopG7Elmau #G7 #wirkommenalle
- wichtige Websites: www.alternativgipfel.org www.stop-g7-elmau.info
Update 11.30 Uhr: Journalisten bei Anreise behindert
Offenbar wurden Journalisten, die vom G7-Gipfel und den Gegenprotesten berichten wollen, mehrfach von der Polizei bei der Anreise behindert. Über die sozialen Netzwerke wurden mindestens drei Fälle bekannt, darunter die des freien Journalisten Björn Kietzmann, der Tageszeitung »junge welt« sowie des »Lower Class Magazine«. Alle drei Medien besitzen laut eigener Aussage Akkreditierungen für den Gipfel und damit auch eine Zugangserlaubnis zur Sicherheitszone 1, in der sich auch das offizielle G7-Pressezetrum befindet.
Ausschlaggebend für die Behinderungen der Pressevertreter waren offenbar unter anderem deren Ausrüstung. So schreibt Kietzmann auf Twitter, er trage bei Demonstrationen oft einen Helm, um sich zu schützen. Gegenstände, die laut der Journalistengewerkschaft dju oftmals leider nötig sind. »Passive Bewaffnung bei Demos ist Journalisten nicht nur erlaubt, sondern manchmal auch vonnöten«, schrieb die Gewerkschaft auf ihrer Facebookseite am Donnerstag. Die Polizei in Bayern sieht dies offenbar anders. rdm
Update 11.10 Uhr: Bevölkerung erwartet kaum Ergebnisse vom Gipfel
Als Gastgeberin hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ein straffes Programm für die G7-Teilnehmer organisert. Der Gipfel will nicht weniger als die dringenden Fragen der Menschheit diskutitieren, darunter Maßnahmen gegen den Klimawandel, Armut, Seuchen und weltweite Krisenherde wie in der Ukraine. Die Bundesbürger erwarten von den selbst ernannten »Führungsnationen« allerdings kaum konkrete Ergebnisse. 78 Prozent meinen, bei Themen wie den Kriegen im Irak und Syrien gegen den IS und im Konflikt zwischen Russland und der Ukraine würde der Gipfel keine oder nur sehr geringe Fortschritte liefern, so eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der dpa. Noch weniger Erwartungen haben die Befragten beim Thema Klimaschutz. Hier rechnen nur 10 Prozent der Bundesbürger mit nachhaltigen Fortschritten und Vereinbarungen der G7. rdm
Update 10.50 Uhr: Drei Tage Gipfelblog
Liebe Leser, Gipfelstürmer und Politikinteressierte. Siehen Jahre nach Heiligendamm treffen sich die G7 wieder in Deutschland. Vom 7. bis 8. Juni 2015 sprechen die selbst ernannten »Führungsnationen« in Bayern über ihre Rezepte für das Wohl der Welt. Doch das bleibt nicht ohne Proteste. Für »nd« Grund genug, in den kommenden drei Tagen ausführlich auf die Ereignisse rund um das Schloss Elmau zu schauen. Ich heiße Robert Meyer und berichte kommendes Wochenende für Sie über alle akuellen Entwicklungen, behalte die sozialen Medien im Auge und sammel alles wissenswerte über den Gipfel und die G7-Proteste. rdm
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