Gesund auf der Intensivstation

Warum die griechischen Banken in der Krise stecken, die lockere Geldpolitik der EZB nicht wirkt und ein Grexit die Finanzhäuser gefährden würde

Üblicherweise nehmen Großbanken bei Finanzproblemen Staaten in Geiselhaft. In Griechenland dagegen sind die Banken in den Strudel der ungelösten Staatsschulden- und Wirtschaftskrise geraten.

Fitch Ratings hat den Daumen über den vier griechischen Großbanken gesenkt. Als erste der großen US-Ratingagenturen spricht sie von einem »begrenzten Zahlungsausfall« - für die Kreditwürdigkeit der Geldhäuser vergibt Fitch nunmehr die zweitschlechteste von 21 Noten. Begründet wird dies damit, dass die Banken zahlungsunfähig gewesen wären, wenn die Regierung in Athen nicht von Montag an Kapitalverkehrskontrollen eingeführt hätte. Bürgerliche Medien in Deutschland rümpfen die Nase und sprechen von griechischen »Zombie-Banken«, die künstlich von der Europäischen Zentralbank (EZB) am Leben gehalten würden.

Das weckt Erinnerungen an Lehman Brothers sowie weitere Banken in den USA und Europa, die sich im Zuge der Finanzmarktkrise ab 2007 verzockten, dann zusammenbrachen oder von Steuerzahlern mit Milliardensummen gerettet wurden. Mit den griechischen Banken hatte dies nichts zu tun. Während zahlreiche Geldriesen 2007 und 2008 tiefrote Zahlen schrieben und riesige Finanzlöcher zu stopfen hatten, klagte etwa die National Bank of Greece (NBG), der griechische Privatbankenprimus, über einen leichten Rückgang der weiter hohen Gewinne. Kaum ein griechisches Institut hatte mit den toxischen US-Hypothekenpapieren spekuliert. Liquiditätsprobleme gab es auch deshalb nicht, weil man das konservative und wenig riskante Geschäftsmodell verfolgte, Sparguthaben einzusammeln und damit Kredite an Unternehmen auszureichen. So lag das Verhältnis von Einlagen und Krediten im Branchendurchschnitt bei annähernd 100 Prozent. Und die Griechen hatten sich auch nicht hemmungslos verschuldet - ganz im Gegenteil: Die Summe der privaten Kredite betrug 2007 knapp 90 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, während es in der Eurozone durchschnittlich fast 180 Prozent waren. In jenem Jahr legten griechische Bankaktien entgegen dem Branchentrend noch stark zu.

Erst im Zuge der Staatsschuldenkrise tauchten massive Probleme auf, die Umsätze schrumpften und 2011 war das erste Jahr mit hohen Verlusten. Als Hauptkäufer griechischer Staatsanleihen waren die heimischen Banken vom Kursverfall und dem immer schlechteren Rating des Staates massiv betroffen, hinzu kam ein Absturz des Aktienkurses. Allein die NBG musste rund 15 Milliarden Euro abschreiben, davon 10 Milliarden beim Schuldenschnitt im Jahr 2012. An frisches Kapital kamen die griechischen Banken zu jener Zeit nur, weil die Europäische Zentralbank griechische Staatsanleihen in vollem Nennwert als Kreditsicherheit akzeptierte.

Gleichzeitig schlug der jahrelange Wirtschaftseinbruch massiv auf die Bankbilanzen durch: Im Zuge der Rezession und Einkommenskürzungen durch die Sparauflagen der Troika konnten immer mehr Privathaushalte und mittelständische Unternehmen ihre Kredite nicht mehr bedienen. Hier sprang der erst 2010 gegründete Bankenrettungsfonds HFSF ein, der in großem Umfang Kreditgarantien übernahm. Der mit Mitteln aus dem Euro-Rettungsschirm bis heute gut gefüllte HFSF versuchte, den Bankensektor auch durch Strukturmaßnahmen zu stabilisieren. So wurden zehn Geldhäuser des Landes in vier größeren Banken zusammengeschlossen: Die NBG, Eurobank Ergasias, Alpha Bank und Piraeus Bank sind trotz zahlreicher Auslandstöchter in den Nachbarstaaten im internationalen Vergleich kleine Player. Meistens gelang es ihnen, die höheren internationalen Eigenkapitalanforderungen aus eigener Kraft zu bewältigen. Lediglich bei der Eurobank des Reeders Spiros Latsis stieg der HFSF selbst ein. Und die Postsparkasse, die einst zu viele Kredite ohne ausreichende Sicherheiten vergeben hatte, wurde 2013 abgewickelt.

Bis heute verfügen die vier griechischen Großbanken über relativ üppige Kapitalpolster. Die europäischen Stresstests der Jahre 2010 und 2014 überstanden sie problemlos. Dennoch können die griechischen Banken ihre eigentliche Funktion nicht mehr erfüllen. Wegen der Rezession vergeben sie kaum Kredite an Unternehmen oder nur zu ungünstigen Konditionen - die extrem lockere Geldpolitik der EZB für den Euroraum verpufft deshalb in Griechenland.

Eine Bedrohung für die Banken stellt das Damoklesschwert eines Grexits gar, also des Ausscheidens Griechenlands aus dem Euroraum samt Wiedereinführung der absehbar extrem schwachen Währung Drachme. Viele Griechen haben ihre Guthaben bei inländischen Banken verringert, um sie als Bargeld zu halten oder ins Ausland zu transferieren. Die Bankeinlagen sanken seit 2009 um rund die Hälfte. Einen solchen Geldabzug könnte selbst die stabilste Bank nicht bewältigen - NBG & Co. hängen nur noch am Tropf von EZB-Notkrediten. Natürlich wissen das alles auch die Griechen und wollen gerade deshalb noch schnell ihr Geld in Sicherheit bringen, solange noch etwas da ist. Gerade das ist die eigentliche Gefahr für Griechenlands Banken.

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