Nach Protest von Holocaust-Opfern: KZ-Spielorte gelöscht
Google-Tochter entschuldigt sich für Smartphone-Spiel »Ingress«
München/Hamburg. Millionen von Smartphone- und Tabletcomputer-Besitzer spielen es. Bei dem Computerspiel »Ingress« geht es um virtuelle Eroberungsschlachten - an realen Orten dieser Welt. Und bis vor kurzem konnten die Spieler diese Schlachten auch in ehemaligen Konzentrations- und Vernichtungslagern wie Buchenwald, Auschwitz und Mittelbau-Dora schlagen.
Das provozierte Protest von Holocaust-Überlebenden. Daraufhin entschuldigte sich der John Hanke, der Gründer der Google-Tochter Niantic Labs, die das Spiel entwickelt hat, öffentlich. »Nachdem wir darüber in Kenntnis gesetzt wurden, dass einige historische Marker auf Geländen von ehemaligen deutschen Konzentrationslagern hinzugefügt wurden, haben wir erkannt, dass dies unseren Richtlinien widerspricht«, erklärte Hanke. »Wir haben daher damit begonnen, derlei Plätze für Deutschland und andernorts in Europa herauszunehmen.«
Über die Verwendung der Gedenkstätten, Erinnerungsorte und Gedenkzeichen als Spielorte in dem Augmented-Reality-Game hatte das »ZEITmagazin« letzte Woche berichtet.
Bei »Ingress« müssen sich die Spieler an bestimmte Orte in der realen Welt begeben, um dort in der virtuellen Welt sogenannte Portale zu erobern und zu zerstören. Nach der »Zeit-«Recherche wurden die Standorte von Holocaust-Gedenkstätten und ehemaligen Konzentrationslager von den Spielern selbst vorgeschlagen und dann von Niantic Labs freigeschaltet.
Gabriele Hammermann, die Leiterin der KZ-Gedenkstätte Dachau, erklärte, der Friedhof sei für die Hinterbliebenen ein wichtiger Ort der Trauer. »Dass er von Google für ein Unterhaltungsspiel benutzt wird, ist eine Demütigung der Opfer und der Angehörigen.« Google müsse selbst dafür sorgen, dass keine Gedenkstätten des Holocaust zu Spielzwecken missbraucht werden.
»Wir sind hier alle sehr erschüttert«, sagte Günter Morsch, der Leiter der Gedenkstätte Sachsenhausen, der »Zeit«. Überall auf dem Gelände, sogar im Bodenbelag, befinde sich Menschenasche. »Es ist bestimmt kein Ort für Computerspiele.« dpa/nd
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