Neoliberales Kürzungsdiktat
Lena Tietgen über die chronische Unterfinanzierung der Unis
Immer wieder wird der gleiche Missstand beklagt: Im Hochschulsystem fehlt das Geld hinten und vorne, reichen die Ressourcen weder für eine anständige Lehre noch den Studierenden für die Lebensführung. Das sogenannte Crowdfunding, also die von Studentinnen und Studenten eigenständig organisierte Finanzierung von Teilen der Lehre, kann die Misere allerdings nur kurzfristig beheben. Spätestens bei der Beschaffung von aufwendigen Lehrmitteln wie Büchern oder teuren Exkursionen fallen arme Studierende aus dem System. Auch Crowdfunding ist endlich. Allein die Zeit, die hierfür aufgewendet werden muss, geht zu Lasten des Studiums. Ganz zu schweigen von der Unsicherheit, ob und in welcher Höhe das Geld fließt.
Dies ist nicht nur ein unmöglicher Zustand, sondern Ergebnis eines paradoxen Prozesses. Zum einen fordert die Wirtschaft qualifiziertes Personal und soll die Wissenschaft den Standort Deutschland sichern, zum anderen wurde das Hochschulsystem einem neoliberalen Kürzungsdiktat unterworfen. Studierende sollten schnell und effizient, sprich praxisnah und inhaltlich auf der Höhe der Zeit, durch das Studium geführt werden. Doch die Grundannahme, diesen Prozess auf marktwirtschaftliche Prinzipien zu stützen, geht nicht auf. Weder deckt z.B. die Exzellenzinitiative, durch die Spitzenunis und -forschung gesondert finanziert werden, den Bedarf an qualifiziertem wissenschaftlichen Nachwuchs noch reichen Bundesmittel und Studienfinanzierung wie Bafög für die breite Masse der Studenten aus. Vielmehr schürt diese Haltung die Konkurrenz unter den europäischen Staaten.
Nach einer alten Weisheit dient Bildung aber in erster Linie der Selbstbildung, durch die das Gemeinwesen bereichert wird. Somit ist sie ein Gemeingut, in das investiert werden muss: in Ausstattung, Lehre und finanzielle Absicherung der Studierenden.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.