Gegen den Staatsvertrag?
Das ZDF initiiert in der Sommerpause die Intendanten-Wahl
Mitte September soll der Fernsehrat des ZDF über die Zukunft des Intendanten des Zweiten Deutschen Fernsehens, Thomas Bellut, abstimmen. Dieses gerade vom ZDF verkündete Prozedere birgt gleich mehrere Probleme. Denn die aktuelle Zusammensetzung des ZDF-Fernsehrats ist laut dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom März 2014 zu »staatsnah«: Der Einfluss der Parteien in dem Gremium muss laut Gericht zukünftig beschnitten werden, es müssen die Länder gestärkt und mehr Vertreter gesellschaftlich relevanter Gruppen entsandt werden - um »Staatsferne« zu erzeugen und »Versteinerung« entgegenzuwirken. Dies alles ist im ZDF-Fernsehrat noch nicht vollzogen. Wird Belluts Vertrag nun also von einem »verfassungswidrigen« Gremium um fünf Jahre verlängert?
Zwar hat die Ministerpräsidentenkonferenz bereits einen neuen Staatsvertrag beschlossen. Dem müssen aber noch die Länderparlamente zustimmen, sodass sich die ZDF-Entscheidungsgremien voraussichtlich erst Mitte 2016 in der vom Verfassungsgericht geforderten Form konstituieren, wie der Medienexperte Heiko Hilker vom Dresdner Institut für Medien, Bildung und Beratung (DIMBB) betont. Hat das ZDF die (bei der aktuellen Zusammensetzung des Fernsehrats höchst wahrscheinliche) Wiederwahl Belluts also bewusst vorgezogen, um die Entscheidung noch von der »alten« Ratsbesetzung absegnen zu lassen?
Diese Frage verneint Markus Töpler von der Geschäftsstelle des ZDF-Gremiums. »Der jetzige Termin ist zwar sehr früh. Bei der ordentlichen Sitzung des Fernsehrats im Frühjahr 2016 wäre dessen Besetzung aber noch die gleiche wie heute.« Das hätte also gar keinen Unterschied gemacht. »Und die Sitzung im Herbst 2017 wäre dann einfach zu spät gewesen«, erklärt Töpler. Der Vertrag Belluts läuft bis März 2017, es ist üblich, die Zukunft von Intendanten sechs bis zwölf Monate vor Vertragsende zu regeln.
Ein weiterer Kritikpunkt am Vorgehen des ZDF ist die Missachtung des Fernsehrats selber. »Warum wurde dieser Beschluss denn nicht auf einer ordentlichen Sitzung vom ganzen Fernsehrat gefasst, anstatt diese Initiative nun in der Sommerpause zu verkünden?«, fragt Heiko Hilker vom DIMBB. Die Terminwahl ist zusätzlich darum umstritten, weil sie eine Benachteiligung von Gegenkandidaten sein könnte. Die müssten nun schnell aus dem Urlaub zurückkehren, um die Bewerbungsfrist bis 18. August einzuhalten.
Doch auch hier widerspricht Töpler von der Geschäftsstelle des ZDF-Fernsehrats: »Bewerbungen müssen nicht bis zum 18. August vorliegen, das ist nur ein Richtwert. Sie können bis zur Sitzung am 18. September eingebracht werden. Voraussetzung ist allerdings die Unterstützung durch ein Mitglied des Fernsehrats.«
Ein Auslöser der Klage gegen die Gremienbesetzung beim ZDF war die politisch motivierte Verhinderung der Vertragsverlängerung für den damaligen ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender im Jahr 2009 durch den CDU-dominierten ZDF-Verwaltungsrat. Der einstige Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz und einer der Kläger, Kurt Beck (SPD), hatte dies als »konzentrierte politische Einflussnahme« kritisiert.
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