OXI zur Politik dieser EU

Ein Beitrag von Ralf Krämer in der linken Debatte über Griechenland, den Euro und die Zukunft der Europäischen Union

  • Ralf Krämer
  • Lesedauer: 25 Min.

1. Wie ist die Ausgangslage in Bezug auf Griechenland zu beurteilen?

Selbstverständlich trifft es zu, dass die zugrunde liegenden Probleme Griechenlands insoweit einheimische sind, als die griechische Wirtschaft zu schwach und international nicht wettbewerbsfähig ist und der griechische Staat klientelistisch deformiert und wenig effizient ist. Reichtum und Macht sind in hohem Maße bei oligarchischen Clans konzentriert. Aber diese Probleme sind nur über einen längeren Prozess zu bearbeiten und durch die Troika und die Blockade der letzten Monate wurde eine produktive und soziale Politik zu ihrer Lösung nicht gefördert, sondern massiv behindert. Die aktuellen ökonomischen und finanziellen Probleme und Konflikte sind nicht primär innergriechische und griechisch zu lösende, sondern zentral ist die ökonomische und finanzielle Abhängigkeit des Landes von der EU und den Weltmärkten.

Bei einer harten imperialen und neoliberalen Haltung Deutschlands und der EU war und ist eine gute oder nur vertretbare Lösung für und durch Griechenland und Syriza nicht möglich. Und zwar objektiv ökonomisch: die materiellen und finanziellen Ressourcen sind im Land nicht vorhanden und greifbar. Viele notwendige Waren müssen importiert werden, zum Konsum und erst recht für Investitionen. Die großen Finanzvermögen sind im Ausland. Das Finanzwesen hängt an der EZB. Eine eigene neue Währung wäre nur mit großen Problemen einzuführen, sie wäre zunächst international wenig Wert und Kredit gäbe es nicht, wenn die alten Schulden nicht bedient werden. Verratsvorwürfe an die Tsipras-Regierung sind daher ganz unangebracht.

2. Wie sind die Verhandlungsposition von Syriza und das Ergebnis des Euro-Gipfels vom 12. Juli 2015 sowie die Alternative eines »Grexit« zu beurteilen?

Es wäre die einfachste und zumindest kurzfristig beste Variante für die Griechen gewesen, eine andere Politik im Euro und mit Unterstützung der EU durchzusetzen. Alles andere hätte weit größere Probleme aufgeworfen. Daher kann man Syriza nicht vorwerfen, primär dies angestrebt zu haben. Sie (und mit ihr die meisten Linkskräfte in der EU) haben allerdings die Möglichkeiten und Kräfteverhältnisse dazu offenbar zu positiv eingeschätzt und sie haben auch taktische und kommunikative Fehler gemacht, die es erleichtert haben sie zu isolieren. Die Verantwortung für das Nichtzustandekommen einer akzeptablen Vereinbarung liegt bei der harten und auf Kapitulation von Syriza gerichteten Haltung der EU-Staaten unter Führung der deutschen Regierung. Eine besonders üble Rolle hat dabei die Sozialdemokratie in der EU (an der Spitze Sigmar Gabriel und Martin Schulz) gespielt, deren Umgang mit diesem Ansatz einer Alternative zur angeblich auch von ihr selbst kritisierten Austeritätspolitik tatsächlich kaum anders denn als Verrat und opportunistische Unterwerfung unter Neoliberalismus und deutschen Chauvinismus bezeichnet werden kann.

Die jetzt von der Eurogruppe erpresste »Vereinbarung« ist eine ökonomische, soziale und politische Katastrophe. Sicherlich: Es gibt darin neben der mehrjährigen Dauer einige weitere positive neue Elemente, auch für Investitionsfinanzierungen. Die wahrscheinlich kommende langfristige Streckung der Schuldendienstverpflichtungen wird die Belastungen für die griechische Ökonomie mindern. Doch diese positiven Elemente sind zu gering, teils noch unklar, und vor allem mit unerträglichen Bedingungen von weitgehenden Privatisierungen, weiteren Sozialkürzungen, Abbau von Rechten der Beschäftigten und Druck auf die Löhne sowie politischer Entmündigung Griechenlands verbunden. Die Austeritätspolitik wird trotz erwiesener Schädlichkeit fortgesetzt, die Krise in Griechenland damit verlängert. Die positiven Elemente können den imperial-kapitalistischen und antidemokratischen Charakter nicht aufwiegen. Dieses Ergebnis darf also von Linken nicht schöngeredet, und die dafür verantwortlichen Institutionen und neoliberalen politischen Kräfte einschließlich der dominierenden Kräfte der Sozialdemokratie müssen schärfstens kritisiert werden.

Ein planmäßig und konstruktiv von EZB und EU begleiteter und abgefederter, mit weitgehender Schuldenerleichterung, echten Hilfsprogrammen und einer angemessenen Abwertung der neuen Drachme verbundener Ausstieg aus dem Euro wäre angesichts der realen Struktur des Euro-Raums wahrscheinlich die mittel- und längerfristig tragfähigste und am meisten demokratische Selbstbestimmung Griechenlands ermöglichende Variante. Ein harter Notfall-Grexit ohne hinreichende Vorbereitung und konstruktive Begleitung durch EU und EZB wäre wahrscheinlich eine ökonomisch und sozial noch erheblich größere Katastrophe als die bisherigen und das neue Programm. Er würde neben dem Crash wichtiger Wirtschaftsbereiche wahrscheinlich ebenso einen Ausverkauf der privaten und öffentlichen Vermögenswerte des Landes an die Oligarchen und das ausländische Kapital nach sich ziehen.

3. Gab und gibt es realisierbare Alternativen und was ist von denen zu halten, welche Folgen hätten sie?

Vorstellungen über eine revolutionäre Alternative, mehr oder minder zum Übergang zum Sozialismus in Griechenland, haben m.E. mit der Realität nichts zu tun, es fehlen alle notwendigen Bedingungen dafür. Und selbst bei zunächst politischem Erfolg im Lande würde es im Desaster enden, weil es die ökonomischen Abhängigkeiten vom Ausland nicht aufheben würde und weil die Fähigkeiten fehlen, eine auf einigermaßen für die Mehrheit der Griechen akzeptablem Niveau operierende Wirtschaft aufrecht zu halten bzw. aufzubauen. Daran können noch so vermeintlich radikale Papiere und innergriechische Kämpfe und politische Entscheidungen nichts ändern.

Am meisten realistischen Gehalt hatten wohl Vorstellungen eines Notfall-Plan B aus dem Umfeld von Varoufakis. Aber auch da war und ist klar, wie schwierig und riskant das alles gewesen wäre. Bei der zu erwartenden Obstruktion durch EU, EZB, IWF und USA wäre der Weg auf jeden Fall sehr hart geworden und zumindest für einige Jahre mit einer weiteren Verschlechterung der Lage verbunden. Ob sich daraus positive Perspektiven hätten entwickeln lassen, hätte wiederum stark von der internationalen Entwicklung und Kooperation abgehangen. Dass offenbar weder Russland noch China Interesse hatten, sich für Griechenland weiter verschärfte Konflikte mit dem Westen einzuhandeln, zeigt die Probleme. Im Inneren wären verschärfte soziale und politische Kämpfe die Folge gewesen, ein Fortbestand der Syriza-Regierung und ihrer Unterstützung durch die Mehrheit der Bevölkerung alles andere als sicher. Zumal dann massive Regime-Change-Interventionen der USA und EU angelaufen wären und auch mit Militärputsch hat Griechenland ja historische Erfahrungen, die noch nicht zu lange zurück liegen. Große Zurückhaltung und Vorsicht gegenüber solchen Alternativen ist also sehr begründet. Wie auch immer, die Überlegungen wurden nicht weiter entwickelt und Notfall-Vorbereitungen nicht getroffen.

Vor diesem Hintergrund ist zumindest zu bezweifeln, ob eine Ablehnung der erpressten »Vereinbarung« durch die griechische Regierung und damit unkontrollierbarer Grexit und ökonomischer Kollaps Griechenlands verantwortbar gewesen wäre. Wer das nicht zu verantworten und die Folgen zu tragen hat, sollte sich da bedeckt halten. Die Linke muss die realen Widersprüche und Probleme aller möglichen Entwicklungen und ihre eigene Schwäche zur Kenntnis und ernst nehmen, Voluntarismus bietet daraus keinen Ausweg. Auch wenn sich eine Spaltung von Syriza wahrscheinlich nicht vermeiden lässt ist, müssen sich die Linken in Deutschland und anderen Ländern ihre Einheit wahren und dürfen sich nicht an der Frage zerstreiten, welchen Teil es zu unterstützen gelte. Wir müssen stattdessen über unsere europapolitischen Orientierungen hierzulande neu diskutieren.

4. Wie kann es jetzt weiter gehen, was sind die realen Entwicklungsperspektiven und Alternativen für die EU und den Euro?

Am wahrscheinlichsten erscheint mir eine weitere Verfestigung und Verstärkung der neoliberalen und zunehmend autoritären Formierung der EU, also des Gesamttrends der letzten Jahrzehnte, und der seit Beginn der Euro-Krise insbesondere von Deutschland durchgesetzten Austeritätspolitik. Dies ist verbunden mit einer fortschreitenden ökonomischen Auseinanderentwicklung der EU-Staaten, anhaltenden extremen Leistungsbilanzüberschüssen Deutschlands und hohen Überschüssen des gesamten Euro-Raums. Weitere wirtschaftliche und politische Spaltungen und Krisen sind damit vorprogrammiert. Spätestens die nächste Wirtschaftskrise, die ich in den nächsten Jahren, jedenfalls noch in diesem Jahrzehnt erwarte, wird zu neuen Eskalationen und möglicherweise einem Zerfall des Euro-Raum führen.

Die Durchsetzung eines Kurswechsels in der EU, eine grundsätzliche Abkehr von der Politik der Austerität und des Neoliberalismus, also des Abbaus des Sozialstaats, der Liberalisierung der Märkte und insbesondere des Arbeitsmarktes, der Privatisierung und Entdemokratisierung, der Lohnbegrenzung und Schwächung der Gewerkschaften halte ich bei Fortschreibung der bisherigen Entwicklungen und Tendenzen für unrealistisch. Wer im Juncker-Plan oder der Juncker-Kommission insgesamt, oder in den Ergebnissen der Investitionskommission des BMWi oder gar in den investiven Elementen der Griechenland-»Vereinbarung« Anzeichen für eine Trendwende und Ansatzpunkte für linke Alternativen sieht, redet sich die Welt schön bzw. lügt sich und anderen in die Tasche. Auch die Planungen des »Fünf-Präsidenten-Papiers« zur Weiterentwicklung der Wirtschafts- und Währungsunion stellt ja keineswegs einen Schritt zu einer demokratischen Wirtschaftsregierung dar, wie Linke sie gefordert haben. Im Gegenteil, all dies beschreibt Schritte auf dem Weg der Entdemokratisierung und eines autoritären Neoliberalismus 2.0. (Siehe dazu auch das Kapitel »EU und Euro-Krise« in Ralf Krämer: Kapitalismus verstehen. Einführung in die politische Ökonomie der Gegenwart, S. 210 – 226.)

Der Streit innerhalb der EU etwa zwischen Schäuble und Juncker geht um verschiedene Varianten neoliberaler Formierung, die die Interessen unterschiedlicher Gruppen des Industrie- und Finanzkapitals in unterschiedlichen Ländern stärker in den Mittelpunkt stellen. Wie Fabio de Masi schreibt, will Schäuble am deutschen Geschäftsmodell nichts ändern und sucht nun den Kompromiss mit Paris über eine Transferunion mit schwäbischem Sparansatz. So soll der Euro-Finanzminister (Treasurer oder Schatzkanzler) über ein eigenes Budget verfügen, für das die kleinen Leute zahlen, etwa über einen Zuschlag auf die Mehrwertsteuer. Nur Euro-Staaten, die sich Strukturreformen unterwerfen, die Arbeitsmärkte reformieren bzw. Löhne und Renten senken, dürfen dann bei Stress auf gewisse Finanztransfers hoffen.

Zudem ist die Vorstellung einer europäischen Transferunion, in der die riesigen ökonomischen Ungleichgewichte über entsprechende laufende Transferzahlungen der Überschuss- an die Defizitländer ausgeglichen werden, ähnlich wie der deutsche Länderfinanzausgleich, in der EU unrealistisch. Weder die Regierungen noch die Wirtschaft oder die Bevölkerungen der Überschussländer wären bereit, die damit verbundenen finanziellen Belastungen zu tragen. Auch die für eine sozial gesteuerte Entwicklung notwendige effektive Koordinierung der Lohnentwicklungen im Euro-Raum im Sinne eines Ausschöpfens der Verteilungsspielräume und des Ausgleichs von Ungleichgewichten ist absehbar völlig unrealistisch.

Die reale Frage und sich daraus ergebenden Alternativen sind m.E., ob es den ökonomischen und politischen Eliten bzw. Führungsgruppen in der EU bzw. im Euro-Raum gelingen wird, die fortschreitenden Widersprüche und Krisen zu managen oder ob diese irgendwann in den kommenden Jahren unbeherrschbar werden und in ökonomischen und politischen Brüchen münden. Konkret ob das Euro-System zerbricht oder zumindest einzelne Staaten herausbrechen, oder ob Staaten aus der EU austreten oder ihre konstruktive Mitwirkung aufkündigen oder sogar der Fortbestand der EU insgesamt in Frage steht.

Auch explizit pro-EU-europäische Ökonomen wie Gustav Horn oder Axel Troost schreiben, dass die neoliberale Wirtschaftspolitik auf die Dauer mit dem Fortbestand des Euro unvereinbar sei bzw. die Währungsunion ohne Ausgleich der Ungleichgewichte in wenigen Jahren auseinanderbrechen werde. Es ist fraglich wie ernst das letztlich gemeint ist und ich bin der Sache auch weniger sicher, aber diese Alternative ist jedenfalls weitaus realistischer als die eines progressiven Richtungswechsels im gegebenen institutionellen Rahmen der EU und des Euro. Dieser ist mittlerweile dermaßen verfestigt neoliberal strukturiert und die Dominanz der neoliberalen Kräfte so stark, weil auch die europäische Sozialdemokratie sich dem völlig unterworfen hat, dass ein Richtungswechsel ohne große existenzbedrohende Krise dieser Institutionen kaum vorstellbar ist.

5. Was folgt daraus für die Positionierung der Linken zum Euro und zur EU?

Wenn die Fortsetzung der neoliberalen und ungleichen Entwicklung absehbar so gut wie sicher ist und ein Zerbrechen der Währungsunion daher eine erhebliche Wahrscheinlichkeit hat, zumindest erneute schwere Krisen und Verwerfungen zu erwarten sind, wäre es geradezu fahrlässig, sich darauf nicht konzeptionell und politisch vorzubereiten. Also zu klären, mit welchen Konzepten und Forderungen und politischen Kampagnen die Linke dann und in Vorbereitung darauf agieren will. Zuletzt hat Martin Höpner deutlich gemacht, dass dabei das bestehende Euro-System als solches das Problem darstellt, weil es die Möglichkeiten makroökonomischer Politik massiv einschränkt. Das Eurosystem und die EZB mit ihren Strukturen und Regelungen und im Rahmen der in den Verträgen und Verordnungen der EU zur Economic Governance sowie im Fiskalpakt rechtlich fixierten Mechanismen führt nahezu zwingend zu einer neoliberalen Wettbewerbs- und Austeritätspolitik.

Es ist also notwendig, deutlich zu machen, dass eine grundsätzliche Alternative zum bestehenden Euro-System notwendig ist, und Vorstellungen dazu zu entwickeln. Eine Alternative, die wieder reale Perspektiven für eine demokratisch und sozial ausgerichtete und gesteuerte Entwicklung eröffnen könnte, in den einzelnen Staaten und im europäischen Rahmen. Dies schließt ein, Möglichkeiten zum geordneten Ausscheiden von Staaten oder Staatenblöcken aus dem Euro-System, und zum Übergang zu einem neuen Europäischen Währungssystem. In diesem könnten die Währungen einzelner Staaten oder durch eine gemeinsame Währung und Wirtschaftsentwicklung verbundener Staatenverbünde kontrolliert auf- und abwerten und die Staaten nötigenfalls auch den Kapitalverkehr beschränken können, um ihre Binnenwirtschaft zu schützen und zu entwickeln. (siehe Heiner Flassbeck: Der Euro vor der Entscheidung, Politische Schlussfolgerungen der Flassbeck-Lapavitsas-Studie, Rosa-Luxemburg-Stiftung 2013, und die Vorschläge von Oskar Lafontaine dazu.) Es ist klar, dass dieser Übergang schwierig und nicht problemlos wäre, aber er wäre die bessere Alternative als ein unvorbereitetes chaotisches Zerbrechen des Euro-Raums. Es wäre auch die bessere Alternative als ein mit zunehmend autoritären und unsozialen Maßnahmen und Regeln erpresster Zusammenhalt des Euro-Raums als neoliberales Zwangssystem im Interesse insbesondere der deutschen Exportindustrie und des europäischen Finanzkapitals, in dessen Rahmen eine andere als die neoliberale Politik auch für die Zukunft praktisch unmöglich wäre.

Das bedeutet nicht, einen einseitigen Exit einzelner Staaten aus dem Euro zu fordern, sondern ein neues Währungs- und Geldsystem zu fordern. Dies kann auch die Möglichkeit einschließen, den Euro und den Euro-Raum zu erhalten. Dies erfordert aus linker Sicht jedoch eine grundlegende Umgestaltung des Euro-Systems. Die Europäische Zentralbank muss demokratischer Kontrolle unterworfen und zur Unterstützung einer auf Vollbeschäftigung und sozial-ökologische Ziele gerichteten Wirtschaftspolitik verpflichtet werden. Sie muss als Gläubiger der letzten Instanz fungieren und auch monetäre Staatsfinanzierung betreiben dürfen. Auch die »systemrelevanten Banken« und möglichst der gesamte Finanzsektor sind demokratischer Kontrolle zu unterstellen. Notwendig wäre dazu auch eine Neugestaltung der gesamten makroökonomischen Governance der EU und des Euro-Systems. Also die Beseitigung ihrer neoliberalen Bindung an Kapitalinteressen und der Aufbau eines Systems demokratischer Koordinierung der Wirtschafts- und Finanzpolitik durch die Parlamente unter Beteiligung der Sozialparteien, sowie eine erweiterte finanzpolitische Kapazität, über die das Europäische Parlament entscheidet. Also eine Entwicklung in Richtung einer europäischen Wirtschaftsdemokratie. Eine weitere Stärkung der Kompetenzen der EU und der EZB zur Steuerung der Wirtschafts- und Finanzpolitik der Einzelstaaten im Rahmen ihrer gegebenen Verfasstheit und Strukturen würde dagegen zu einer fortschreitenden Verfestigung und Vertiefung neoliberaler Politik führen und die Demokratie und Spielräume sozialer Politik in den einzelnen Staaten immer weiter einschränken.

Eine Beendigung des bestehenden autoritären Euro-Regimes reicht für eine demokratische und soziale Alternative aber nicht aus. Die EU selbst ist mittlerweile in ihren rechtlichen Grundlagen so verfestigt ein strukturell neoliberal-kapitalistisches System, dass eine umfassende Neugestaltung, eine Neugründung notwendig ist. Mit einer neuen Verfassung, die in den Mitgliedstaaten in Volksabstimmungen beschlossen wird. Die real existierende EU ist weder ein Friedensprojekt noch ein Wohlstandsprojekt noch ein Sozialmodell. Ein demokratisches, anderes Europa müsste in weitem Maße geradezu das Gegenteil der bestehenden EU sein: Statt der Freiheiten des Kapitals auf dem Binnenmarkt müssen demokratische und soziale Grundrechte und Regulierungen Vorrang haben. Statt fortschreitender Liberalisierung muss es um fortschreitende Demokratisierung und soziale Steuerung der Ökonomie und der gesellschaftlichen Lebensweise gehen. Zugleich muss eine klare Regelung und damit auch Beschränkung der Zuständigkeiten der neuen Union vorgenommen werden, im Unterschied zur gegenwärtigen neoliberalen Durchgriffslogik der Binnenmarktfreiheiten in potenziell allen Bereichen. Wo es für eine gemeinsame soziale und friedliche Entwicklung sinnvoll ist, sind demokratisch herbeigeführte unionsweite oder andere übernationale Regelungen vorzusehen. In den anderen Bereichen sind die einzelstaatlichen, regionalen und kommunalen Regelungsmöglichkeiten zu sichern, damit sich die gesellschaftlichen Lebensweisen in Europa in ihrer Unterschiedlichkeit entfalten und demokratisch gestaltet werden können. Mit einem rückwärtsgewandten oder gegen andere gerichteten Nationalismus hat das nichts zu tun.

6. Welche Aufgaben ergeben sich für die politische Positionierung und Kommunikation der Linken und insbesondere der Partei DIE LINKE?

Wir müssen eine ernsthafte Debatte über eine veränderte Haltung und Politik gegenüber der EU und dem Euro führen. DIE LINKE hat in ihrem Grundsatzprogramm schon 2011 richtig festgestellt: »Die Eurokrise hat einen weiteren Beleg dafür erbracht, dass die EU-Verträge nicht für ein demokratisches, soziales, ökologisches und friedliches Europa taugen, sondern ganz im Gegenteil zur Verschärfung der Krise beitragen. Die Europäische Union braucht einen Neustart mit einer vollständigen Revision jener primärrechtlichen Grundelemente der EU, die militaristisch, undemokratisch und neoliberal sind.« Diese Positionen müssen stärker ernst genommen und in den Mittelpunkt der europapolitischen Kommunikation der Partei gestellt werden. Die EU- und Euro-Kritik und die Notwendigkeit grundsätzlicher Alternativen zur herrschenden Politik in der EU, zum Euro-Regime und zur real existierenden EU, verbunden mit der Ablehnung von TTIP, CETA, TISA und Co., muss als ein zentrales Element des politischen Profils der LINKEN entwickelt und kommuniziert werden. Der hohe politische Stellenwert ergibt sich aus der zentralen Rolle der EU und des Euro als Strukturen der Durchsetzung neoliberaler Formierung auch gegen den Willen der Mehrheit der Bevölkerung und damit der Schlüsselrolle dieser Frage für die weitere politische Entwicklung.

Zu den bisherigen Bedingungen und Tendenzen, unter denen ein demokratisch und sozial orientierter Richtungswechsel m.E. unrealistisch ist, gehört die bisherige Ausrichtung und Anordnung der politischen Kräfte in der EU. Bisher wurde die europäische Integration in Form der EU und auch des Euro von der gesellschaftlichen Linken und besonders den Gewerkschaften bei aller und zunehmender Kritik im Einzelnen insgesamt positiv betrachtet, mitgetragen und gegenüber der Bevölkerung legitimiert. Die Perspektive einer EU als »soziales Europa« stand ökonomisch wie politisch für die Überwindung der Beschränktheit des Nationalstaats und ein sozialeres Modell gegenüber dem der USA und in anderen Teilen der Welt. Gefordert wird »mehr Europa, aber anders« - bisher ohne ernsthaft Konsequenzen daraus zu ziehen, dass es real eben nicht anders im positiven Sinne wird, sondern seit vielen Jahren und absehbar auch in den kommenden immer schlimmer.

Dies war und ist faktisch eine sehr wichtige Ressource der herrschenden Klassen und Eliten in der EU für die Durchsetzung ihres Kurses der fortschreitenden neoliberal-autoritären Formierung. Solange die Linke und die Gewerkschaften ungeachtet der in eine völlig andere Richtung gehenden realen Entwicklungen und Perspektiven an ihrer affirmativen Haltung zur EU festhalten, sind sie blockiert, eine wirksame Gegenposition zu entwickeln. Sie lassen sich faktisch instrumentalisieren für die Legitimierung eines neoliberalen Projekts, das immer weiter vorangetrieben wird: in Richtung Marktliberalisierung und möglichst hoher Gewinne und Wachstums der Unternehmen – nicht anderes meint die ständige Rede von der »Wettbewerbsfähigkeit« in EU-Dokumenten tatsächlich – und damit Einschränkung von Sozialstaatlichkeit und Demokratie.

Wenn die Linke (und die Gewerkschaften) tatsächlich wirksamen Druck für eine andere Politik, für einen Kurswechsel in der EU entwickeln wollen, müssen sie diese Haltung und Herangehensweise ändern. Wem es nicht schon vorher klar war, müssten eigentlich die Entwicklungen der letzten Monate klar gemacht haben, dass mit Argumenten und möglichst ausgefeilten Konzepten für eine demokratischere und sozialere Politik gegenüber den harten ökonomischen und Machtinteressen der dominierenden Gruppen des deutschen und westeuropäischen Groß- und Finanzkapitals und der diese Interessen umsetzenden politischen Kräfte und Institutionen nichts auszurichten ist. Auch Beschwörungsformeln wie »Europa wird entweder demokratisch und solidarisch sein, oder es wird nicht sein« oder Appelle an die moralische oder politische Verantwortung für Europa sind vergeblich. Wenn wir einen Kurswechsel durchsetzen wollen, müssen wir von der Realität ausgehen statt von Illusionen und Wunschvorstellungen.

Die wirklich relevante Frage zur Durchsetzung eines Kurswechsels ist dann, wie hinreichender Druck bzw. Zwang entwickelt werden, um diesen gegen die herrschenden und regierenden Kräfte in fast allen EU-Staaten, unter Mitwirkung der Sozialdemokratie, gegen die EU-Kommission und gegen die EZB durchzusetzen. Also: welche Druckmittel können die sozialen Kräfte mobilisieren, womit können sie drohen, etwas erzwingen, bzw. wie, von wem, mit welchen Positionen, Strategien und Taktiken können solche Machtressourcen aufgebaut werden, um diejenigen, die die herrschende Politik durchsetzen, zu einer anderen Politik zu zwingen bzw. sie von ihren Positionen zu entfernen?

M.E. ist der aussichtsreichste Weg dazu, mit der Aufkündigung des bisherigen pro-EU-Konsenses und der legitimierenden Rolle der gesellschaftlichen und politischen Linken und der Gewerkschaften mindestens glaubwürdig zu drohen und dies mit deutlichen Aktionen zu unterstreichen. Statt sich zu sorgen und darum zu kümmern, das Vertrauen der Menschen in EU und Euro wieder zu stärken, müssen wir im Gegenteil Kritik und Skepsis und das Misstrauen dagegen stärken, weil es ist mehr als berechtigt. Wir sollten daher nicht mehr von »Europa« reden, was positiv konnotiert ist, wenn die EU und der Euro gemeint sind. Wir sollten aktiv für eine Delegitimierung und gegen eine weitere Stärkung der EU-Bürokratie, EU-Kommission und Rat sowie der EZB und für ein ausdrücklich »anderes Europa« eintreten.

DIE LINKE muss dabei eine vorwärtstreibende Rolle einnehmen und dies einfordern. Solange die neoliberalen Grundstrukturen der EU, des Euro und der Economic Governance nicht beseitigt ist, also in der Verträgen ein Vorrang sozialer und demokratischer Rechte und Gestaltungsmöglichkeiten vor den Binnenmarktfreiheiten, eine grundlegende Reform und demokratische Kontrolle der EZB, eine grundlegende Demokratisierung der Struktur der EU und eine grundlegende Revision der Regelungen zur Economic Governance durchgesetzt und der Fiskalvertrag beseitigt ist, bedeutet jegliche Stärkung von Brüssel (und Frankfurt) gegenüber den Einzelstaaten eine nicht akzeptable Entdemokratisierung.

Sicherlich sind die kapitalistischen und neoliberalen Kräfte in der EU kein monolithischer Block. Die Differenzen etwa zwischen Schäuble und Juncker oder auch Draghi sind real. Allerdings geht es hier nur um unterschiedliche Varianten und Strategien, die beide auf verschiedene Weise und gestützt auf unterschiedliche nationale und sektorale Gruppen des Kapitals in der EU einen autoritären Neoliberalismus weiter vorantreiben. Sich als Linke und Gewerkschaften darauf zu orientieren, die vordergründig weniger unsympathische Variante gegen die andere zu stärken, würde die untergeordnete und weitgehend machtlose Position der sozialen Kräfte fortschreiben und bietet keine Perspektive.

Zudem gibt es durchaus unterschiedliche Auffassungen auch in der Linken, welche Position eigentlich in der Sache letztlich schlimmer ist: die v.a. an den Interessen des internationalen Finanzkapitals orientierte der Stärkung der EU und EZB oder die eher die Interessen der nationalen industriellen Kapitalfraktionen, die das Ausscheiden von Staaten aus dem Euro nicht für ein Tabu hält. Diese tritt allerdings v.a. in der besonders unsympathischen Ausprägung einer deutschen Vormachtpolitik repräsentiert durch Schäuble und Merkel auf und verbindet sich mit rechtspopulistischen Positionen. Nur eine eigenständige linke EU- und Euro-kritische Position ermöglicht demgegenüber eine gemeinsame Politik und Re-Formierung der linken, sozialen und gewerkschaftliche Kräfte zu einem druck- und machtvollen Faktor in der EU.

Ein wichtiger Einwand gegen eine solche Orientierung ist, dass die Linken damit in eine hoch problematische Konstellation kämen, gemeinsam mit den Rechten verschiedener Schattierung gegen »mehr Europa«. Dagegen muss zunächst betont werden, dass linke und rechte EU-Kritik grundsätzlich verschiedene Wertorientierungen und politische Ziele verfolgen. Diffamierenden Gleichsetzungen muss entschieden und geschlossen entgegengetreten werden. Die Linke darf sich aber davon nicht abschrecken lassen, das gilt übrigens auch für den Widerstand gegen TTIP, CETA, TISA und Co. Auch das Nein in den Volksabstimmungen zur neoliberalen EU-Verfassung 2005 kam zustande durch Addition der linken und der rechten Nein-Stimmen. Auch wenn es unappetitlich ist muss die Linke einkalkulieren, dass eine Aufkündigung des Pro-EU und Euro-Konsenses durch die linken und sozialen Kräfte für die Herrschenden gerade deshalb ein besonderes Problem wäre, weil es zugleich wachsenden Druck von Rechts gibt. Das bedeutet ja in keiner Weise eine Zusammenarbeit mit oder Rücksichtnahme auf die Rechten. Es ist sogar zugleich der erfolgversprechendste Weg, den Rechten Wasser abzugraben, wenn die berechtigte EU- und Euro-Kritik ihnen nicht überlassen wird, sondern zu einem linken Thema wird.

Denn die bisherige Anordnung ist die Bedingung dafür, dass auch diejenige Kritik an EU und Euro, die auf einem diffusen Unbehagen und Protest gegen den Verlust von Gestaltungsmöglichkeiten »unten« durch die »EU-Bürokratie« oder eine abgehobene »politische Klasse« der EU beruht oder sich gegen den via EU betriebenen oder begründeten Abbau sozialer Rechte richtet und die per se keineswegs rechts ist, sich weitgehend nach rechts wendet. Weil die Linke die EU-Kritik weitgehend der Rechten und Rechtspopulisten überlässt, jedenfalls in Deutschland. Dies muss sich ändern und ist eng verbunden mit der Aufgabe, einen linken Populismus zu entwickeln. Oder weil das Wort in Deutschland oft missverstanden wird, verstärkt eine linkspopuläre Kommunikation zu entwickeln. Diese muss eine Gemeinsamkeit der Mehrheit der Menschen »unten« gegen »die da oben«, die Eliten, die Reichen, das Kapital, die Konzerne, die Finanzhaie, die Oligarchen, die Herrschenden usw. artikulieren, und dass die Linken zu »denen da unten« gehören, auf ihrer Seite stehen, also ein Teil des »wir« gegen »die da oben« sind.

Wir müssen also das Gefühl sehr vieler, wenn nicht der Mehrheit der Menschen, benachteiligt und missachtet zu werden, klassenpolitisch und antikapitalistisch und antineoliberal aufladen und wenden und damit eine linke humanistische Alternative zur wohlstandschauvinistisch-nationalen oder rassistischen Aufladung dieser Emotionen bieten. Und bekanntlich entsteht Motivation und Mobilisierung nicht aus purer Rationalität, sondern aus Emotionen. Da wo linke Kräfte einen starken Aufschwung erlebt haben, in Griechenland, Spanien, Irland, seit längerem in Lateinamerika, beruht dies wesentlich auf einer solchen Politik – allerdings unter erheblich anderen gesellschaftlichen und ökonomischen Rahmenbedingungen als auf der vermeintlichen Wohlstandsinsel Deutschland. Dies muss berücksichtigt werden und erfordert Diskussionen, welche (möglichst klaren, zugespitzten und einprägsamen) Botschaften und Argumente unter den hiesigen Bedingungen überzeugend sind und immer wiederholt werden müssen, damit sie ankommen (ein weiterer wichtiger Punkt populärer Kommunikation). Das ändert aber nichts am grundsätzlichen Argument.

7. Vorschläge für eine EU-weite Kampagnenorientierung und für einen Diskurs des Bruchs

Die Diskussionen über eine neue Haltung und Politik der Linken gegenüber der EU und dem Euro müssen möglichst auch EU-weit geführt werden. Die diversen bestehenden Netzwerke und Organisationen linker und sozialer Kräfte müssen dazu genutzt werden. Eine besondere Rolle spielen die Europäische Linkspartei und die Fraktion der GUE/NGL im Europäischen Parlament. Neben der Diskussion sind Aktionen und Kampagnen, am besten eine große gemeinsame EU-weite Kampagne nötig. Dies kann einen gemeinsamen Bezugs- und Ausgangspunkt auch für die weitergehenden Diskussionen und Perspektiven darstellen und diese mit praktischen Aktivitäten verbinden. Eine breit mobilisierungsfähige Kampagne muss dabei möglichst viele Kräfte ansprechen und einbeziehen, die sich gegen die bisherige autoritäre, antisoziale und krisenverschärfende EU-Krisenpolitik wenden. Auch diejenigen, die sich (noch) nicht zu einer grundsätzlicheren EU- und Euro-Kritik durchgerungen haben. Als Alternativen sind (sinngemäß) zu fordern:

  • NEIN/OXI zur Politik dieser EU und EZB. NEIN zur Austeritätspolitik der Lohn- und Sozialkürzungen, der Privatisierung und des Abbau von Rechten der Beschäftigten;
  • eine europäische Schuldenkonferenz zur Beratung koordinierter Schuldenschnitte und Erleichterungen für hoch verschuldete Staaten;
  • eine EU-weite Vermögensabgabe der Millionäre und Mindestbesteuerung internationaler Konzerne;
  • ein EU-weites öffentliches Zukunfts- und Investitionsprogramm für den wirtschaftlichen Aufbau und gute Arbeit in der EU, ökologischen Umbau, Bildung und soziale Dienstleistungen;
  • eine demokratische und soziale Neugestaltung Europas und des Geld- und Finanzsystems statt einer autoritären und neoliberalen EU und EZB.

Ein solches Forderungsprogramm und Kampagnenorientierung müsste einerseits im Rahmen der Europäischen Linkspartei diskutiert und vereinbart werden. Noch wichtiger und Ziel muss es allerdings sein, ein breites Bündnis sozialer, demokratischer und linker Kräfte in der EU zusammenzubringen, solche Forderungen und Kampagne koordiniert zu starten und voranzutreiben. Ein Muster dafür könnte die Selbstorganisierte Europäische Bürgerinitiative gegen TTIP sein. Mit diesem Bündnis sollte eine enge Zusammenarbeit gesucht werden, weil es auch inhaltlich viele Bezugspunkte und Gemeinsamkeiten gibt. Eine weitere Möglichkeit wäre, die Kampagne in einer EU-weiten selbstorganisierten Volksabstimmung münden zu lassen, die möglichst an einem symbolisch besonders aufgeladenen Termin stattfinden sollte, 2016 oder 2017, so wie es Alban Werner vorschlagen hat. Dies ist als EU-weite Aktion m.E. allerdings nur realistisch durchführbar an einem gemeinsamen Wahltermin, also bei der nächsten EP-Wahl 2019. Diese sollte auf jeden Fall genutzt werden, um eine solche EU-weite Aktion bzw. eine Folgeaktion durchzuführen.

Sehr ähnlich hat das Bernd Riexinger vorgeschlagen und dabei auch zurecht betont, dass eine zentrale Aufgabe darin besteht, die Kräfteverhältnisse in den Kernländern und insbesondere in Deutschland in Bewegung zu bringen. In Deutschland ist dabei ein wichtiger Anknüpfungspunkt, dass die schlechte Lohnentwicklung des vergangenen Jahrzehnts eine zentrale Ursache der Euro-Krise ist. Höhere Lohnzuwächse in Deutschland wären sehr wichtig, um die Krise und internationalen Ungleichgewichte zu bekämpfen und den Spielraum für die südeuropäischen Länder zu vergrößern. An diesem Punkt treffen sich besonders deutlich und vermittelbar die Interessen der Lohnabhängigen in Deutschland mit denen in anderen Ländern und lässt sich der Klassencharakter der neoliberalen Politik aufzeigen: es geht in allen Ländern um Druck auf die Löhne und Umverteilung zugunsten des Kapitals (Siehe Bernd Riexinger: »Möglichst viele sammeln«).

Eine weitergehende Orientierung des Bruchs mit dem neoliberalen und undemokratischen Euro- und EU-System wird mit erheblichen Differenzen und Auseinandersetzungen in der Linken und in sozialen Bewegungen, erst recht in den Gewerkschaften verbunden sein. Die Diskussion darum muss deshalb in einer guten diskursiven und argumentativen Form geführt werden, um möglichst viele mitzunehmen. Unterschiedliche Auffassungen müssen respektiert und neue Spaltungen vermieden werden.

An der Diskussion um eine solche Neu-Orientierung führt allerdings m.E. kein Weg vorbei, wenn die linken und sozialen Kräfte wieder in die Offensive kommen wollen. Immer mehr links und sozial gesinnte Menschen erkennen das. Manchmal wird es notwendig, einen Bruch zu vollziehen mit Positionen und Orientierungen, die man bisher vertreten hat und die früher berechtigt gewesen sein mögen. So wie vor einem Jahrzehnt im Prozess der Bildung der neuen LINKEN viele endgültig ihren Bruch mit der SPD vollzogen, andere erkannten, dass linke Spaltungen und Sektenpolitik überwunden werden müssen, und dass eine als Ostpartei wahrgenommene PDS allein keine Perspektive hatte. Jetzt ist der Bruch mit einer Pro-EU und Pro-Euro-Orientierung notwendig, die sich als illusionär erwiesen hat, um politische (Selbst-)Blockaden der Linken zu überwinden. Es ist an der Zeit.

Ralf Krämer ist einer der BundessprecherInnen der Sozialistischen Linken in der LINKEN und arbeitet als Gewerkschaftssekretär.

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