Das Fenster zum Süden
Das elfte Festival »Venezuela im Film« in Frankfurt/Main präsentiert eine immer selbstbewusster werdende Szene
Das Filmland Venezuela gehört mittlerweile neben Mexiko, Chile oder Argentinien auch zu den Staaten Lateinamerikas, die eine Kontinuität an internationalen Erfolgen verzeichnen können - von einer jungen Filmografie ist längst nicht mehr die Rede. Dies zeigte nicht zuletzt der Goldene Löwe 2015, der dieses Jahr an den Venezolaner Lorenzo Vigas für seinen Film »Desde allá (From afar)« ging - das erste Mal, dass der Preis der Filmfestspiele von Venedig überhaupt nach Lateinamerika ging.
Nun steht die elfte Auflage des venezolanischen Festivals »Venezuela im Film - ¡Qué chévere!« an. Sie spiegelt die Erfolgsgeschichte des venezolanischen Kinos und wird mit dem mehrfach ausgezeichneten Spielfilm »La distancia más larga (The longest distance)« in Anwesenheit der Regisseurin Claudia Pinto eröffnet. Der Film erzählt die Geschichte eines Jungen, der sich auf die Suche nach seiner Großmutter macht. Vom lauten und verkehrsreichen Caracas begibt sich der Junge in die im Südosten gelegene Große Sabana, wo die Großmutter lebt. »Der Film handelt von Hoffnung, aber auch von persönlicher Freiheit und der Möglichkeit, eine zweite Chance im Leben zu erhalten«, so die junge Regisseurin über ihr Erstlingswerk.
Einen zweiten Höhepunkt bildet der poetische Spielfilm »Dauna. Lo que lleva el río« von Mario Crespo, dessen Protagonistin eine junge Warao ist. Der Film nahm an der diesjährigen Berlinale in der Reihe »NATIVe - Indigenous Cinema« teil und steht nun mit 17 weiteren Bewerbern für den Oscar 2016 im Rennen. Dies ist auch ein Erfolg für die indigene Bevölkerung der Warao in Venezuela.
In beiden Filmen wird den beeindruckenden Landschaften - die Große Sabana einerseits und der Fluss Orinoko andererseits - eine wichtige Rolle zugewiesen. Beiden Regisseuren gelingt es auf wunderbare Weise, die Landschaften in die Handlungen einzubeziehen.
Mit »Libertador« von Alberto Arvelo wird eine neue Bolívar-Interpretation präsentiert. Der aufwendig gedrehte Spielfilm wird von der Musik des venezolanischen Dirigenten Gustavo Dudamel begleitet. »Libertador« gehört zu den bisher kostspieligsten Spielfilmen in der lateinamerikanischen Filmgeschichte.
Andere aktuelle Filme sind die Komödie »Papita, maní y tostón« von Luis Carlos Hueck, die den venezolanischen Humor treffend auf die Leinwand bringt. Der Dokumentarfilm »Las muchachas« thematisiert die Rolle der Frauen im Kampf gegen die Diktatur von Marcos Pérez Jiménez. Der Streifen »Er Relajo Der Loro« von John Petrizzelli erzählt über ein Stück der venezolanischen Gesellschaft in amüsanter und verspielter Weise aus dem Blickwinkel eines Papageis.
Was wird bei diesen Filmen aus Venezuela einmal mehr deutlich? Der Regisseur Diego Risquez brachte es bei seinem Besuch 2013 im kommunalen Kino »Filmforum-Höchst« folgendermaßen auf den Punkt: »Es würde mir schwerfallen Themen zu nennen, die unser Filmschaffen charakterisieren, sie sind einfach zu zahlreich.« Es ist in der Tat eben auch diese Vielseitigkeit an Themen, die den aktuellen und immer selbstbewusster werdender Film Venezuelas ausmacht.
Das Festival schließt feierlich 14. Oktober mit der Präsentation von »Libertado«. Anschließend wird zu Schokolade und Rum aus Venezuela eingeladen. Die Filme laufen auf Spanisch mit englischen oder deutschen Untertiteln.
»Venezuela im Film - ¡Qué chévere!« vom 8.10. bis zum 14.10. in Frankfurt am Main, »Filmforum-Höchst«, Emmerich-Josef-Str. 46a; Kartenreservierung empfohlen, email: klaus-peter.roth.vhs@stadt-frankfurt.de
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