Das Gute und der FIFA-Präsident

Bild und Selbstbildnis: Wie Lügen das Image von Joseph Blatter retten sollen

Joseph Blatter und Michel Platini, beide von der FIFA-Ethikkommission suspendiert, gingen ihren Weg meist gemeinsam. Nur: Gegen Blatter ermittelt die Bundesanwaltschaft, Platini wurde als »Auskunfsperson« vernommen.

Ruhig blieb es auch am Tag nach der Suspendierung von FIFA-Präsident Joseph Blatter und UEFA-Chef Michel Platini durch die Ethikkommission des Fußballweltverbandes nicht. War ja auch nicht anders zu erwarten. Ebenso vorhersehbar war, dass der 79-Jährige Schweizer den größeren Wirbel veranstalten würde. Wie Platini legte auch er fristgerecht Einspruch gegen die 90-tägige Sperre ein, ließ aber im Gegensatz zum 60-Jährigen Franzosen durch seinen großen, persönlichen Stab Lügen verbreiten. Er weiß genau, was im globalen Medienzeitalter zu tun ist: Bilder erzeugen. Blatter ist ein Mann der Medien, Platini einer des Fußballs. Lange Zeit war die Kombination aus beiden auch gewinnbringend für beide. Bis der FIFA-Präsident aus eigener Machtgier auch einen seiner engsten Verbündeten skrupellos abservierte.

»Herr Blatter hatte das Recht, zu sämtlichen offenen Fragen in der notwendigen Ausführlichkeit Stellung zu beziehen.« Dies ließ die FIFA-Ethikkommission durch ihren Sprecher Andreas Bantel am Freitag mitteilen. Ein wichtiger Satz - als Reaktion auf die Vorwürfe von Blatters Anwälten. Aber im Gegensatz zu den falschen, aber wuchtigen Worten von Lorenz Erni und Richard Cullen bleibt er jedoch eine trockene Protokollnotiz. Wesentlich wirksamer waren zuvor die beiden Anwälte von Joseph Blatter an die Öffentlichkeit gegangen: »Präsident Blatter war enttäuscht, dass die Ethikkommission nicht dem Ethik- und Disziplinarcode gefolgt ist.«

Blatter, Enttäuschung, Ethik: Diese drei Worte packten die Anwälte in einen Satz - und fertig ist wieder einmal das Bild des sauberen Präsidenten. Ob nun gelogen oder nicht. Am 1. Oktober wurden sowohl Joseph Blatter als auch Michel Platini von der Ethikkommission des Weltverbandes vernommen. Obwohl Artikel 84.2 des Ethikcodes ausdrücklich besagt, dass eine erste Entscheidung auch ohne Anhörung fallen kann. Klaus J. Stöhlker gehört ebenso zu Blatters Stab. Als dessen Berater hatte auch er zuletzt viel damit zu tun, die Wahrnehmung seines Klienten durch die Öffentlichkeit zu beeinflussen. »Denken Sie daran, dass er der Vater der Ethikkommission ist«, appelierte er. Das Gute und dessen Schöpfer! Und auch Stöhlker ignoriert die Wirklichkeit: »Es ist vorläufig für 90 Tage, aber er ist nicht wirklich suspendiert.«

Doch, das ist er - auch wenn das so gar nicht in Blatters Bild von sich selbst passt. Auch er hat zuletzt an seinem Image gearbeitet: »Ich werde kämpfen. Für mich. Für die FIFA. Ich bin überzeugt, dass das Böse ans Licht kommen und das Gute gewinnen wird.« Ob das oder der Gute, es soll auf jeden Fall den Namen Blatter tragen. Und die Welt soll es wissen. In eigener Sache leistet der PR-Profi wirklich Schwerstarbeit. Gelernt ist gelernt. Bevor der Schweizer 1975 zum Fußballweltverband kam hatte er als Sportjournalist gearbeitet. Danach betrieb er Öffentlichkeitsarbeit, erst im Sport, dann für Firmen.

Einen Tag nachdem Blatter 1998 den FIFA-Thron bestiegen hatte, kursierten schon die ersten Korruptionsgerüchte. Im FIFA-Hotel sollen sich afrikanische Funktionäre über dicke Briefumschläge gefreut haben. Einer seiner wichtigsten Helfer damals: Michel Platini. Er machte »Arbeit« für Joseph Blatter, der letztlich die Wahl gegen Lennart Johansson gewann. Neun Jahre später war der Schwede wieder Gegner der beiden. Bei der Wahl zum UEFA-Präsidenten unterstützte diesmal Blatter seinen Ziehsohn Platini. 2011 benötigte Blatter für seine Wiederwahl gegen den Katari Mohamed bin Hammam ein paar Stimmen aus Europa. Wer hat die UEFA wohl auf Kurs gebracht?

Michel Platini kommt anders als Blatter aus dem Fußball. Er ist die Lichtgestalt Frankreichs. Natürlich ist auch er machtbewusst, sonst wäre er nicht da, wo er jetzt ist - Korruptionsvorwürfe inklusive. Aber es war der Sport, der ihm den Weg zu seiner Funktionärskarriere ebnete. Hat Blatter ihn vielleicht deshalb ein wenig unterschätzt? Es soll zwischen beiden ein Versprechen gegeben haben, dass Michel Platini 2015 Blatter als FIFA-Präsident beerbt. Der Schweizer hat es gebrochen, er kandidierte erneut. Beide zusammen stolpern nun über zwei Millionen Schweizer Franken, die 2011 von einer Blatter an Platini gingen. Was sie noch unterscheidet: Gegen Blatter ermittelt die Bundesanwaltschaft, Platini wurde nur als »Auskunftsperson« vernommen.

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