EU-Kommission setzt VW in Abgasaffäre Frist von zehn Tagen
Klimakommissar will Aufklärung über Messung von CO2-Werten
Brüssel. Die EU-Kommission hat Volkswagen in der Affäre um Abgaswerte eine Zehn-Tages-Frist gesetzt. Klimakommissar Miguel Arias Cañete habe Konzernchef Matthias Müller am Montag in einem Brief Fragen zu den »Unregelmäßigkeiten« bei der Messung der CO2-Emissionen übermittelt, teilte eine Behördensprecherin am Dienstag in Brüssel mit. VW hat für die Antworten zehn Tage Zeit.
VW solle mitteilen, welche Modelle betroffen sind, verlangte die Kommission. Ferner will die Brüsseler Behörde wissen, um wie viel die Emissionen des klimaschädlichen Gases in der Vergangenheit zu niedrig angegeben wurden. Volkswagen soll auch mitteilen, wann korrekte neue Typgenehmigungen zu erwarten sind. Und schließlich: »Wieviele Autos, die in den Kalenderjahren 2012, 2013 und 2014 neu zugelassen wurden, sind betroffen?« VW war für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen.
2012 ist ein Stichjahr, weil seither die CO2-Grenzwerte für Neuwagen gelten, bei deren Übertretung Strafzahlungen fällig werden. Derzeit darf ein Neuwagen im Schnitt 130 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen. Die europäischen Hersteller müssen diesen Wert insgesamt, also im Durchschnitt der Flotten aller Hersteller, schaffen. Dabei haben die einzelnen Autobauer verschieden hohe Grenzwerte zugeteilt bekommen - Daimler zum Beispiel einen höheren als Fiat.
»Wenn ein Hersteller sein Ziel verfehlt, unterliegt er einer Strafzahlung«, verlautete dazu am Dienstag aus der EU-Kommission. Bei Volkswagen sei die Prüfung aber noch nicht weit genug fortgeschritten, um Strafen ins Auge zu fassen. In den zurückliegenden Jahren lag der Wert von VW demnach um rund zehn Prozent unter dem für ihn festgesetzten Limit - jedenfalls den offiziellen Daten zufolge, Die stehen jetzt infrage. Nach Angaben des Verbandes der Automobilindustrie (VDA) hat in der Vergangenheit noch kein deutscher Hersteller wegen Übertretung der CO2-Grenzwerte eine Strafe zahlen müssen.
Volkswagen steht wegen manipulierter Abgaswerte seit Wochen stark unter Druck. Im September musste der Konzern zugeben, dass bei rund elf Millionen Dieselfahrzeugen Software eingesetzt wurde, die den Ausstoß von Stickoxiden im Testbetrieb als zu niedrig auswies. Vergangene Woche gestand das Unternehmen zudem ein, dass bei vermutlich rund 800.000 Autos der tatsächliche Ausstoß von CO2 höher ist als angegeben.
Zwar geht es beide Male um Abgase, die aber ganz verschiedene Auswirkungen haben. Stickoxide aus Dieselautos schaden direkt der Gesundheit, sie sind verantwortlich für Atemwegserkrankungen und können Allergien auslösen, wie ein Greenpeace-Experte AFP sagte. Zudem schadeten sie der Umwelt und ließen zum Beispiel Bäume an viel befahrenen Straßen verkümmern. Für die Klimaerwärmung seien sie hingegen nicht verantwortlich. Kohlendioxid (CO2) ist demnach umgekehrt ein Gas, das zwar der Gesundheit direkt nicht schadet, aber dafür den Treibhauseffekt verstärkt.
Die kalifornische Umweltbehörde Carb hat nach Informationen der »Wirtschaftswoche« bislang keine Abgas-Manipulationen bei anderen Automarken enthüllen können. Die Behörde habe in den letzten Wochen zahlreiche Modelle geprüft. Dabei seien »keine betrügerischen Abschalteinrichtungen« gefunden worden, sagte Behördenchefin Mary Nichols dem Blatt. Demnach ging es bei den Tests um Stickoxide. AFP/nd
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