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Begleiter von Richard Löwenherz vor Jerusalem
Thomas Asbridge berichtet über den größten Ritter aller Zeiten und die Welt des Mittelalters
Es heißt, er sei der größte und bedeutendste Ritter des mittelalterlichen Europas gewesen, gleichsam der Archetyp eines Ritters - Guillaume le Marêchal. Er sei er zum Inbegriff jener Werte geworden, mit der sich im späten 12. und frühen 13. Jahrhundert die abendländische Aristokratie identifizierte. Er habe mit der Außergewöhnlichkeit seiner Person das so genannte »Goldene Zeitalter des Rittertums« geprägt und auch verkörpert.
Thomas Asbridge: Der Größte aller Ritter und die Welt des Mittelalters.
Klett-Cotta. 478 S., geb., 29,95 €.
Warum, ist da zu fragen, wissen wir kaum etwas über diesen Mann, dessen Leben beredtes Zeugnis ablegt für gesellschaftliche Höhen, auf die sich Zeitgenossen seines Standes emporschwingen konnten, und das Ausmaß geschichtsgestalterischer Einflussnahme Einzelner.
Im Februar 1861 stieß Paul Meyer, ein junger französischer Gelehrter, im Londoner Aktionshaus Sotheby’s auf einen mittelalterlichen Text, laut Katalog »eine normannisch-französische Chronik über englische Angelegenheiten (in Versen)«. Sie wurde von einem englischen Sammler und Antiquar gekauft und in dessen Bibliothek zwanzig Jahre später von Meyer wiederentdeckt. Die Schrift, der Meyer den Namen »Geschichte des Guillaume le Marêchal« gab, enthielt einen detailgetreuen Lebenslauf eben dieses Ritters, von dem zeitgenössische Dokumente und Chroniken gelegentlich berichteten. Meyer erkannte sofort die wissenschaftliche Bedeutung seines Fundes.
Und nun hat Thomas Asbridge, Historiker an der Universität von London, eine umfassende, akribisch recherchierte Biografie über den größten Ritter aller Zeiten vorlegt. Dargestellt wird der Werdegang eines unvergleichlichen Kriegers und flexiblen Politikers, der als Kind in Geiselhaft genommen worden ist und dem Tode geweiht war, als Mann Turniersieg auf Turniersieg an sein Panier heftete und schließlich zu Ruhm und unerhörter Macht gelangte. Der Autor verfolgt Aufstieg und Fall des mächtigen englischen Königsgeschlechtes Anjou und begleitet seinen Ritter, der mehreren Königen, so auch Richard Löwenherz, diente, bei seinen Schlachten in Frankreich und als Kreuzritter im Nahen Osten vor Jerusalem. Gegen Ende seiner Jahre war er gar Regent in England.
Anhand des dramatisch-spannenden Lebens von Guillaume le Marêchal führt Asbridge den Leser durch entscheidende Phasen des westeuropäischen Mittelalters. Er zeigt, wie das Rittertum entstand, lässt tief in die höfische Kultur und den aristokratischen Lebensstil blicken, berichtet über Kleidung, Mode, Haartrachten der Herrschenden, erzählt, wie der Hosenbandorden entstand und warum es - damals - gesünder war, Bier und nicht Wasser zu trinken. Er berichtet über die zahlreichen Groß- und Kleinkriege, die nur Unheil brachten. Besonders die Bürgerkriege, eine wahre Geißel der Menschheit bis heute, schädigten mit ihren verheerenden Folgen lange Zeit Land und Leute. Kriegszeiten sind, wie Asbridge feststellt, »Zeiten der Wölfe«.
Was man an diesem Buch vermisst, sind tiefer gehende gesellschaftliche und soziale Analysen, ebenso Aussagen über die Gefolgschaften, die angeworbenen oder ausgehobenen einfachen Mannschaften, die unter der Ägide der Ritter und an ihrer Seite kämpften.
Dessen ungeachtet werden Freunde des Mittelalters und weit mehr noch Bewunderer Englands dieses gehaltvolle Buch mit Vergnügen lesen. Karten, Farbtafeln, Stammbäume und Anmerkungen runden die Publikation ab.
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