Frankreichs Kriege beschleunigen Radikalisierung

Integrationsexperte Guessoum: Staat und Institutionen haben sich aus Problemvierteln zurückgezogen

  • Lesedauer: 2 Min.

Berlin. Die seit Jahren anhaltende islamistische Radikalisierung jugendlicher Muslime in Frankreich hat sich nach Ansicht von Djamel Guessoum durch das militärische Engagement des Landes gegen den Islamischen Staat beschleunigt. Zugleich wachse unter der großen Mehrheit der Franzosen das Misstrauen und die Ablehnung gegenüber dem Islam und den Muslimen im eigenen Land, sagte der Generaldirektor der Vereinigung Arsej, die sich in Saint-Denis und anderen Pariser Vorstädten für die Integration gefährdeter Kinder und Jugendlicher einsetzt im Interview mit »neues deutschland«.

»Vor allem von den jugendlichen Muslimen in den Vorstädten wird das als Missachtung empfunden und löst eine Gegenreaktion aus, die nicht selten gewalttätig ist«, so Guessoum. »Da sie sich chancenlos und ausgegrenzt fühlen, wenden sie sich mehr und mehr Leuten ihrer Herkunft zu, die ihnen Hilfe anbieten – den Islamisten.« Der Staat und seine Institutionen hätten sich weitgehend zurückgezogen. Die Dschihadisten böten soziale Unterstützung, nicht zuletzt beim Ausstieg aus der Kriminalität, und rekrutierten so Anhänger. Dabei missbrauchten sie die Religion als Rechtfertigung für den Terror.

An Lösungen arbeiteten vor allem jene, die keine Macht haben, aber wissen, wie sie die Jugendlichen erreichen können, so wie die Vereinigung Arsej. »Aber vor allem muss es darum gehen, den Jugendlichen die Chance auf Arbeit zu eröffnen, denn der Hauptgrund für die Radikalisierung ist die Arbeitslosigkeit, die in den Vorstädten weit mehr als die Hälfte aller Jugendlichen betrifft.« Das Schwergewicht müsse so auf drei Dinge gelegt werden, betont Guessoum: Schulbildung, Berufsausbildung und geeignete Arbeitsplätze.

Das Interview mit Djamel Guessoum lesen Sie in der nd-Wochenendausgabe.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.