Keine »Kriminellen, Invasoren und Terroristen«
Internationale Organisationen prangern Ungarns Haltung gegenüber Flüchtlingen an
Straßburg. In einem gemeinsamen Appell haben der Europarat, das UN-Flüchtlingskommissariat UNHCR und die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa OSZE Ungarn aufgefordert, Flüchtlinge nicht weiter als »Kriminelle, Invasoren und Terroristen« zu brandmarken. Die Regierung in Budapest müsse Praktiken ein Ende setzen, die Intoleranz und Furcht förderten und so den Ausländerhass gegen Flüchtlinge und Migranten anheizten, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung, die der Europarat am Montag in Straßburg veröffentlichte.
Anlass für den Aufruf ist eine neue Kampagne der rechtskonservativen Regierung unter Viktor Orban. In dieser für zwei Monate programmierten Kampagne würden Flüchtlinge aufgrund ihres Glaubens und ihrer Herkunft verunglimpft, so die Organisationen. Ungarn müsse endlich einsehen, dass die in Europa ankommenden Flüchtlinge Opfer einer Tragödie seien und auf ein Leben abseits von Krieg und Konflikten hofften.
Das Land sei Teil des gemeinsamen europäischen Systems und somit verpflichtet, seinen Teil zur Bewältigung der größten Flüchtlingskrise auf dem Kontinent seit Ende des Zweiten Weltkriegs zu leisten, mahnten der Europarat, das UNHCR und das Amt für Demokratische Institutionen und Menschenrechte der OSZE. Dazu sei Ungarn auch durch internationale Abkommen verpflichtet, etwa die Europäische Menschenrechtskonvention.
Ungarn und einige andere osteuropäische Länder weigern sich bisher, an der auf EU-Ebene beschlossenen Umverteilung von 160 000 Flüchtlingen innerhalb der Europäischen Union teilzunehmen.
Derweil entsendet Tschechien 25 Polizisten in das Balkanland Mazedonien, um den Grenzschutz zu stärken. Die Beamten sollen bei der »Bewältigung der Flüchtlingswelle« und der Aufrechterhaltung der Ordnung helfen, teilte Ministerpräsident Bohuslav Sobotka am Montag mit. Das Mitte-Links-Kabinett in Prag stellt der Regierung in Skopje zudem umgerechnet rund 740 000 Euro bereit.
Tschechische Polizisten sind bereits in Slowenien und Ungarn im Einsatz, die wie Mazedonien auf der sogenannten Balkanroute der Migranten liegen. Tschechien fordert einen besseren Schutz der Grenzen in Europa und lehnt einen dauerhaften Verteilschlüssel für Flüchtlinge in der EU ab. Agenturen/nd
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