Bildung im Umbruch

Bildungsrauschen

  • Lena Tietgen
  • Lesedauer: 2 Min.

Im internationalen Ranking zur Umsetzung digitaler Bildung steht laut Ifo-Institut München (cesifo-group.de) Deutschland an letzter Stelle. Auch die Bildungspolitikerin der SPD und Informatikerin Saskia Esken sieht einen erheblichen Nachholbedarf. In ihrem Essay auf tagesspiegel.de macht sie die Verschiebung der gesellschaftlichen Machtverhältnisse für die schleppende Umsetzung der digitalen Veränderungen im Bildungsbereich verantwortlich. Da derjenige, der über Wissen verfüge, auch Macht besitze, berge die Digitalisierung das »Potenzial einer neuen Verteilung von Macht«. Ihr eigen ist der freie Zugang zu Informationen und Wissen sowie das Angebot einer niedrigschwelligen Kommunikation und Vernetzung. Nicht allein im Bildungssystem spüre man eine »gewisse Unruhe und Abwehr gegen diesen im Kern emanzipatorischen Umbruch«. Zwar hat Esken Verständnis für die Debatte um Risiken der Digitalisierung, doch kritisiert sie vehement die vorgetragenen Warnungen vor einer angeblichen »Zwangsdigitalisierung« oder »totalen Computerisierung«, wie sie unter anderem vom Lehrerverband auf deutschlandradiokultur.de ausgesprochen wurde. Esken fordert eine Diskussion um die mit der digitalen Bildung verbunden Chancen, da - wie die Hirnforschung belege - ganzheitliches und nachhaltiges Lernen sich in »sozial aufgeladenen individuellen, kreativen und kollaborativen Prozessen« am besten entfalte.

Esken sieht in den digitalen Medien mehr als nur ein »nützliches Mittel zum Zweck«. Sie erlaubten permanent und mobil einen gleichzeitigen Zugang zu »Wissen und Kultur« und zur »Kommunikation und Vernetzung« und würden somit zu einem »mächtigen Werkzeug«. Hieraus ergebe sich ein Bildungsauftrag, der auf das Erwerben von Kompetenzen in der Nutzung digitaler Medien sowie bei der Beschaffung und Bewertung von Informationen und beim Umgang mit Daten zielen müsse.

Esken sieht den Menschen als einen, der lebenslang lernt und der in einer digitalisierten Welt eine »souveräne und aktiv gestaltende Rolle« einnehmen sollte. Entsprechend muss ihrer Ansicht nach der Lehrplan ausgerichtet sein. Notwendig sei eine »grundlegende informatorische Bildung«, die Menschen in die Lage versetzt, die »Logik der Algorithmen zu begreifen, sie kritisch zu hinterfragen und zu gestalten«. Das heißt, Bildung muss zu einem technischen und rechtlichen Verständnis digitaler Medien, deren Netze und Strukturen wie zur Gestaltung führen.

In einem Interview mit digitalmediawomen.de denkt Esken über einen bloßen Anwendungscharakter im Umgang mit digitalen Medien hinaus. Ihrer Ansicht nach könnten schon in der Grundschule spielerisch und altersgerecht Programmiersprachen gelehrt werden. Man müsse, so Esken der Komplexität einer digitalen Gesellschaft ins Auge schauen und Argumente für einen adäquaten, positiv zu besetzenden Bildungsbegriff finden. Digitale Medien könnten Kreativität, Kommunikation und kritisches Denken fördern. Lena Tietgen

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