250 Nazis randalieren in Leipzig

Seit einem Jahr demonstriert die rassistische Gruppierung Legida / Lichterkette gegen Fremdenfeindlichkeit geplant

  • Jennifer Stange
  • Lesedauer: 5 Min.
Erneut soll in Leipzig die fremdenfeindliche Demonstration Legida stattfinden. Zum einjährigen Bestehen werden erneut tausende Rassisten erwartet. Doch auch ein großer Gegenprotest ist geplant.

Update 20.43 Uhr: Angriff der Nazis löst Brand in Privatwohnung aus
Wie die Mopo24 berichtet haben die randalierenden Hooligans auch bewohnte Häuser mit Pyrotechnik attackiert. Dabei soll eine Rakete ein Fenster eingeschlagen haben und dadurch einen Brand ausgelöst haben.

Update 20.10 Uhr: Nazis randalieren in Connewitz
Rund 250 vermummte Nazis haben am Montagabend im Leipziger Stadtteil Connewitz randaliert. Sie hätten Pyrotechnik gezündet und Schaufensterscheiben mit Steinen eingeworfen, sagte eine Polizeisprecherin. Es handele sich bei den Angreifern »um rechtes Klientel aus dem Fußballbereich«. Auf Twitter teilte die Polizei mit, die Randalierer seien festgesetzt worden, die Lage sei unter Kontrolle. Die Polizei werde die Personalien feststellen, sagte die Sprecherin. Zeitgleich gab es in der Leipziger Innenstadt einen Aufmarsch des fremdenfeindlichen Bündnisses Legida sowie Gegenproteste.

Update 19.44 Uhr: Angriff auf linke Kneipe in Connewitz/ Leipzig
Laut einer Twitter-Meldung des Vereins »Roter Stern Leipzig« haben Rassisten versucht, die im Stadtteil Connetwitz liegende Gaststätte »Fischladen« anzugreifen.

Update 18.55 Uhr: Brandanschlag auf Zugleitung
Unbekannte Täter haben am Montagabend einen Brandanschlag auf die Bahnstrecke Dresden-Leipzig verübt. Ein Signal an der Strecke sei in Brand gesetzt worden, an zwei weiteren seien Brandsätze entdeckt worden, sagte eine Sprecherin der Bundespolizei in Leipzig. Der Streckenabschnitt zwischen Borsdorf und Leipzig-Engelsdorf wurde voll gesperrt. Hinweise auf die Täter gab es zunächst nicht. Die Vermutung liege nahe, dass der Anschlag im Zusammenhang mit der Demonstration von Legida und Pegida in Leipzig stehe. Der Brandanschlag sei gegen 18.00 Uhr verübt worden.


Leipzig protestiert mit Lichterkette gegen Fremdenfeindlichkeit

Leipzig. Der Legida-Geburtstag ist eine harte Probe für den Protest gegen den Leipziger Pegida Ableger. Zumindest ist es keine ganz leichte Aufgabe ein Kerze bei ergiebigen Regen am Brennen zu halten. Und sicher ist es auch dem Wetter zuschulden, dass in der Lichterkette um den Leipziger große Lücken klaffen.

Open Air bei Regen geht. Auf dem Platz an der berühmten Blechbüchse dröhnt der Bass, Unerschrockene tanzen. Hier endete die Demonstration unter dem Motto »Bass gegen Hass« in einem Konzert. Auch wenn die Jubiläumsproteste nicht an den Erfolg vom letzten Jahr anschließen können, als sich etwa 25 000 Menschen gegen Legida stellten, ist es doch ein positives Zeichen, dass nicht, wie in den letzten Wochen und Monaten hauptsächlich studentischer Protest auf der Straße zu sehen war.

Auf der anderen Seite der Kreuzung am Leipziger Ring sammelt sich um 19 Uhr Legida. Zuerst nur ein eher kleiner Haufen, dann stößt der Zug Auswärtiger auf den Parkplatz vor dem Naturkunde Museum. Es ist laut eng die Stimmung aufgekratzt. Kamera-Teams, die seit den Anfängen der rechten Bewegung ohnehin häufig mit Sicherheitspersonal anzutreffen sind, werden mit den üblichen Begleitungen belegt. »Merkel muss weg« im Chor gebrüllt. Zum Auftakt sind es etwa 1000 Teilnehmer. Dank der Absage der Pegida-Kundgebung in Dresden und die Ankündigung Bachmanns als Redner.

Offensichtlich ist schon zu Anfang der Kundgebung, dass auch Legida nicht an die Erfolge aus dem letzten Jahr anschließen kann. Obwohl es Legida immer noch gibt, ist es in der Vergangenheit zumindest gelungen diese Truppe auf ihr Kondensat einzuschrumpfen: altbekannte Schlägernazis zurück aus den 90ern, junge Kameradschaften.

Das Aktionsnetzwerk »Leipzig nimmt Platz« zog im Vorfeld des heutigen Tages Bilanz. Gegen knapp 40 rechte Aufmärsche von Legida und der Offensive für Deutschland zählt das Bündnis 80 Gegenveranstaltungen. Legida hätte sich nicht etablieren können und sei von 5000 auf zuletzt weniger als 100 Teilnehmer geschrumpft. Ein Teilerfolg, dem ein massiver Anstieg von Anschlägen und Attacken auf Flüchtlinge, Politiker, Andersdenkenden und Unterstützer von Geflüchteten vor allem in der sächsischen Provinz gegenüberstehe, beklagt das Bündnis.

Außerdem müssten auch Gegendemonstranten einen hohen Preis für ihr Engagement zahlen. Saskia Brandt, Sprecherin der Initiative »Legida? Läuft nicht« wirft der Polizei vor, Protestteilnehmer einzuschüchtern und an der Teilnahme an Protesten zu hindern. Brandt berichtet von Personenkontrollen, Durchsuchungen bis hin zu Beschimpfungen, Drohungen und Handgreiflichkeiten, wie Tritte gegen Teilnehmer von Sitzblockaden. Diesen Eindruck bestätigen auch die beinahe wöchentlichen Berichte der Initiative »demobeobachtung leipzig«. Unprofessionell und eskalativ sei das Verhalten der Polizei, resümiert Brandt. Jürgen Kassel, Rechtsanwalt und Grünen-Landesvorsitzender zählt mehr als 300 Verfahren, Strafbefehl und Bußgeldbescheide für Protestteilnehmer.

Attacken aus Pegida und Lediga-Demonstrationen, Verstöße gegen das Vermummungsverbot, alles hat man im letzten Jahr in beiden sächsischen Städten beobachten können. Doch anders als in Köln am vergangenen Wochenende waren das im Freistaat Sachsen noch nie Gründe um den rechten Protest aufzulösen.

Dazu passt dann auch die Lageeinschätzung des sächsischen Verfassungsschutzes, der bis heute immer noch keinen Anlass sieht, Pegida zu beobachten. Bei Legida hingegen wurden Anfang 2015 noch eindeutig rechtsextreme Tendenzen beobachtet. Doch ein Jahr später warnt der vor allem vor der Gewalt von Links, für die der VS das »Leipzig nimmt Platz«. Das Aktionsnetzwerk wies die Verdächtigungen zurück. In der Gründungserklärung wäre Gewaltfreiheit festgeschrieben. Doch es wirbt für »Widersetz-Aktionen«, mögliche friedliche Blockaden also, die die sächsische Justiz seit jeher ahndet.

Heute solle sich die Polizei entscheiden, auf welcher Seite sie steht, verkündete die Kameradschaft Dresden bei Facebook. Auf den ersten Blick eine vermessene Forderung, die aber möglicherweise ein Problem widerspiegelt. Ein Glaubwürdigkeitsproblem der sächsischen Polizei.

Zumindest scheint die sächsische Polizei nicht viel zu geben auf die Lageeinschätzung des Verfassungsschutzes. Wasserwerfer und Räumfahrzeuge sind heute auf Pegida gerichtet. Auch eine Antwort. Und trotz gegenteiliger Behauptungen machen viele Legida-Anhänger schon vor der Auftakt Kundgebung den Eindrücken als hätte sie Bock auf Gewalt. Mit Agenturen/nd

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