Türkei schiebt illegal nach Syrien ab
Bericht: Regime in Ankara verstößt gegen internationales Recht / Recherchen widersprechen Darstellung der Bundesregierung
Berlin. Die Türkei schiebt offenbar systematisch Bürgerkriegsflüchtlinge zurück nach Syrien ab und verstößt damit gegen internationales Recht. Dies berichtet das ARD-Magazin »Monitor« nach umfangreichen Recherchen. »Mehrere syrische Flüchtlinge in der Türkei berichteten dem Magazin unabhängig voneinander, sie seien zunächst von türkischen Grenzbeamten zurück nach Syrien abgeschoben worden, bevor ihnen mithilfe von Schleppern die erneute Flucht gelungen sei«, heißt es in einem Vorabbericht. Verwiesen wird auch auf Videoaufnahmen der Menschenrechtsorganisation »Human Rights Watch«, auf denen zu sehen ist, wie hunderte syrische Bürgerkriegsflüchtlinge von der Türkei nach Syrien abgeschoben werden.
Die EU-Direktorin von Human Rights Watch, Lotte Leicht, nannte die Flüchtlingspolitik der EU »zynisch«. Es gehe »nur darum, die Flüchtlingszahlen zu reduzieren«. Auch würde Europa das Vorgehen der Türkei billigend in Kauf nehmen und dadurch »die Flüchtlinge so in noch gefährlichere Situationen« bringen.
Die Bundesregierung hatte bisher erklärt, sie gehe davon aus, »dass die türkische Regierung weiterhin zu ihrer Zusicherung steht, wonach keine syrischen Flüchtlinge nach Syrien abgeschoben werden«. Dem widersprechen nun die Erkenntnisse des Berichts. Es hatte auch schon zuvor ähnliche Vorwürfe gegeben. Dennoch bleibt das Bundesaußenministerium bei seiner Position - offenbar, um den Anti-Flüchtlings-Deal mit Ankara zu bewahren. Ende November hatte die Europäische Union mit der Türkei Maßnahmen vereinbart, die zur Abschottung der Festung Europa dienen sollten, Ankara erhält dafür unter anderem bis zu drei Milliarden Euro. Laut der EU-Kommission stellen irreguläre Abschiebungen ohne individuelle Prüfung einen »Bruch internationalen Rechts« dar und verletzten die Europäische Menschenrechtskonvention. Man habe bisher aber noch keine Möglichkeiten gehabt, die Vorwürfe zu überprüfen.
Schon Ende 2015 hatte die Organisation Amnesty International darüber berichtet, dass türkische Behörden »Menschen unter Verletzung der Menschenrechte nach Syrien oder in den Irak abgeschoben haben«. Damals waren 130 solcher Abschiebungen nach Syrien dokumentiert worden - aus einem »Reception and Removal Centre« im osttürkischen Erzurum, welches überwiegend mit EU-Mitteln errichtet worden war. nd/Agenturen
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.