Projektraum
Von Leo Fischer
»Jahrelang«, so schreibt es die Uni Frankfurt im Dezember, »waren Studierende des Campus Riedberg auf der Suche nach einem Raum, in dem sie sich über Disziplingrenzen hinweg begegnen und miteinander ins Gespräch kommen können; ein Raum für Projektarbeit und neue Ideen. Jetzt ist diese Idee dank eines 100 000 Euro starken Engagements der Adolf Messer Stiftung Realität geworden.« Unipräsidentin Birgitta Wolff jubelt: »Das ist ein wunderbares Weihnachtsgeschenk für unsere Studierenden auf dem Riedberg, über das wir uns alle sehr freuen«, und auch die »Frankfurter Neue Presse« echot von einem »Weihnachtsgeschenk für Studierende«.
Nun sieht man am Campus Riedberg nur mehr lachende, leuchtende Studi-Faces - denn in der knapp bemessenen Freizeit begibt man sich nicht mehr in den schnöden Gemeinschaftsraum, sondern in den zu einer veritablen »Adolf-Messer-Lounge« aufgepimpten Gemeinschaftsraum. Dort starrt ihnen hübsch bigbrothermäßig der Frankfurter Unternehmer und Namenspatron in die Netbooks, mahnend zu Pflichtgefühl, Einsatz und unbedingter Kruppstahlhärte - denn auch in schwierigen Zeiten blieb der gute Adolf standhaft.
Auf der Homepage der Adolf-Messer-Stiftung heißt es: »1938: Der Zweite Weltkrieg und seine Folgen gehen auch an der Adolf Messer GmbH nicht spurlos vorüber. Adolf Messer beweist in dieser Zeit sowohl Konsequenz als auch Durchhaltevermögen und kann das Unternehmen nach dem Krieg weiterführen.« Wahr ist, dass das NSDAP-Mitglied Adolf Messer Kriegswaffen herstellen ließ, Komponenten für Panzer und die berühmten Vergeltungswaffen V1 und V2, und zwar, gut betriebswirtschaftlich gedacht, von Zwangsarbeitern aus dem werkeigenen Lager in der Hanauer Landstraße. Die grausigen Details sind immer noch nicht hinreichend erforscht.
Wahr ist auch, dass von der Uni Frankfurt hier keinerlei Gefahr droht - hier ist man schon für ein Taschengeld bereit, die blutige Weste eines alten Nazis reinzuwaschen. Dafür wurden Seminare zum Jahrestag der Befreiung von Auschwitz in die Adolf-Messer-Lounge verlegt, sodass die Behandlung der Opfer weiter unter den wachsamen Augen der Täter stattfinden konnte.
Ein Gutes hat das Ganze vielleicht: Dass an einer Universität, an der Adorno und Horkheimer den Deutschen das Denken wieder beibringen, ja eine »Erziehung nach Auschwitz« ins Werk setzen wollten, nun so skrupel- wie mitleidlose Naziprofiteure zu Vorbildern erhoben werden, diese zum Himmel schreiende Schweinerei hat vielleicht für die klügsten der Studierenden womöglich einen realen pädagogischen Effekt.
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