Venezuelas Opposition bedrängt Maduro
Mit Demonstrationen und Amtsenthebungsreferendum soll der Präsident mürbe gemacht werden
Venezuelas Präsident Nicolás Maduro hat an mehreren Fronten zu kämpfen: Zum einen fordert die sich verschärfende wirtschaftliche Lage ein schnelles Gegensteuern und zum anderen bläst die Opposition erneut zum Halali auf ihn. Mit Straßenprotesten, einem Abwahlreferendum und der Verkürzung seiner Amtszeit soll Maduro in den kommenden Monaten aus dem Amt gehebelt werden, hatte das Oppositionsbündnis Tisch der Demokratischen Einheit (MUD) am Dienstag verkündet. Einen Rücktritt hatte der offiziell noch bis 2019 regierende Präsident bereits mehrfach ausgeschlossen.
Bereits für Samstag hat die Opposition zu landesweiten Protesten aufgerufen. Die größte Mobilisierung soll in der Hauptstadt Caracas stattfinden. Ab nächster Woche werden dann im ganzen Land sogenannte Kampagnenzentren eingerichtet, aus denen heraus für den Wechsel an der Staatsspitze geworben werden soll.
Die chavistische Regierungspartei hat bereits vor einer Wiederholung der Ereignisse von 2014 gewarnt. Bei der damaligen Protestwelle kamen 43 Menschen ums Leben. »Sie wollen die Straße mobilisieren, um Gewalt zu erzeugen und einen Staatsstreich zu provozieren, alles mit Unterstützung des nordamerikanischen Imperialismus«, sagte der Regierungsabgeordnete Diosdado Cabello.
Venezuelas Wirtschafts- und Versorgungslage ist verheerend. Das Land mit den größten Ölreserven der Welt leidet unter dem Ölpreisverfall. Seit der Preis für Venezuelas wichtigstes Exportprodukt eingebrochen ist, hat sich die Situation in dem von Importen abhängigen Land dramatisch verschlimmert. Bei den vergangenen Parlamentswahlen im Dezember wurde die Regierung von Präsident Nicolás Maduro abgestraft.
Seit Anfang Januar verfügt die Opposition aus konservativen und Mitte-links-Abgeordneten über eine Zweidrittelmehrheit im Parlament. Seither ringen Regierung und Parlament um die Macht. Parlamentspräsident Henry Ramos Allup hatte schon bei der ersten Sitzung angekündigt, innerhalb von sechs Monaten die notwenigen Maßnahmen zu präsentieren, wie Maduro abgelöst werden sollte. Doch die Krise habe sich in den vergangenen Wochen enorm verschärft und dränge zum schnelleren Handeln, so die Begründung der Opposition.
Doch die Opposition ist alles andere als fest vereint. Während der frühere Präsidentschaftskandidat Henrique Capriles auf den von der Verfassung vorgegebenen Weg pocht, setzen die Anhänger des inhaftierten Oppositionspolitikers Leopoldo López auf den Druck von der Straße. Dass man nun dreigleisig vorgeht, zeigt, dass es keine Einigung gibt. Und wie hart und zäh gerungen wurde, beweist die zweimalige Verschiebung der bereits anberaumten Bekanntgabe ihres Vorgehens ohne Angabe von Gründen.
Im Parlament kann die Opposition mit ihrer Zweidrittelmehrheit Änderungen der Verfassung beschließen. So auch die Reduzierung der Amtszeit der regierenden Exekutive von sechs auf vier Jahre. Genau dies soll demnächst beschlossen werden. Maduros Zeit wäre dann 2017 abgelaufen. Ob aber Präsident und Oberster Gerichtshof einen solchen Beschluss der Nationalversammlung anerkennen, ist mehr als unwahrscheinlich.
Ein Großteil der Opposition baut auch mehr auf das bereits in der Verfassung verankerte Referendum, mit dem der Präsident nach dem Ablauf von drei Amtsjahren abgewählt werden kann. Dafür sind aber einige Hürden zu nehmen. Zuerst müssen 200 000 oder ein Prozent der Wahlberechtigten eine Befragung anregen. Danach müssen abermals 20 Prozent der Wahlberechtigten mit ihrer Unterschrift der Durchführung des Referendums zustimmen, knapp 3,9 Millionen. Dieses Prozedere wurde schon einmal erfolgreich bei einem dann aber gescheiterten Referendum zur Abwahl von Hugo Chávez im Jahr 2004 durchgeführt. Noch gut im Gedächtnis der VenezolanerInnen ist, dass die Unterschriftenlisten anschließend zum größten Teil im Internet veröffentlicht und viele der darauf Aufgeführten Repressalien ausgesetzt wurden.
Nach dem Willen der Opposition soll das Referendum jedoch noch in diesem Jahr durchgeführt werden. Denn sollte Maduro vor Ablauf von vier Jahren seiner Amtszeit abtreten, müssten Neuwahlen ausgeschrieben werden. Sollte er danach gehen, könnte Vizepräsident Aristóbulo Istúriz bis 2019 die Amtsgeschäfte übernehmen.
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