Erst Osterfeier, dann Generalstreik
In Athen stehen mit Maibeginn gleich mehrere Protestaktionen und Ausstände bevor
Weil der 1. Mai in Griechenland dieses Jahr mit dem Orthodoxen Ostersonntag zusammenfällt, wurde der Kampftag der Arbeiterklasse kurzerhand verlegt. Laut Beschluss der Regierung ist er als gesetzlicher Feiertag auf den darauffolgenden Dienstag, also den 3. Mai, verschoben worden. Die traditionellen Demonstrationen allerdings werden erst am 8. Mai stattfinden. Dies ist zwar ein Sonntag, aber gestreikt wird trotzdem: Der Tag wurde zusammen mit sieben weiteren im Zuge der Gläubigermemoranden als Arbeitstag für den Einzelhandel eingestuft - für den Gewerkschaftsdachverband in der privaten Wirtschaft Grund genug, einen Handelsstreik »im Rahmen der Feierlichkeiten des Arbeiterkampftags« auszurufen.
Die Dachorganisation der griechischen Gewerkschaften (GSEE) widersetzt sich den verkaufsoffenen Sonntagen, da sie »einerseits zur Abschaffung des sonntäglichen Feiertags führen« und andererseits ausschließlich im Interesse der großen Handelsketten lägen, während »die kleinen Unternehmen der Branche in den Konkurs geführt werden«. Die Organisation der regionalen Streikkundgebungen überlässt der Dachverband den Gewerkschaftsgliederungen vor Ort.
Die der Kommunistischen Partei Griechenlands (KKE) zugehörige Gewerkschaftsfront PAME begeht den »130. Gedenktag des Aufstands der Arbeiter in Chicago von 1886« ebenfalls am 8. Mai mit Demonstrationen in verschiedenen Städten des Landes. In Athen wird für den zentralen Syntagma-Platz vor dem griechischen Parlament mobilisiert. Dabei hat die PAME nicht nur die Situation der einheimischen Lohnabhängigen im Blick: Im Anschluss an die Kundgebung ist ein Solidaritätskonzert unter dem Motto »Ein Lied für den Flüchtling« angekündigt.
Unabhängig von der Verlegung wegen der Osterfeierlichkeiten spielt der diesjährige 1. Mai jedoch nur eine untergeordnete Rolle bei den laufenden sozialen Auseinandersetzungen in Griechenland. Alle Gewerkschaftsorganisationen mobilisieren für einen neuen Generalstreik gegen das bereits im zuständigen Parlamentsausschuss diskutierte Gesetz über eine Renten- und Steuerreform. Sie sieht unter anderem neue Beitragserhöhungen für Lohnabhängige und Unternehmer, weitere drastische Kürzungen bei den Altersbezügen zukünftiger Rentner, die Beibehaltung der im Zuge der Austeritätspolitik eingeführten Sondersteuer auf Immobilien sowie eine erneute Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes um einen Prozentpunkt auf 24 Prozent vor.
Nur das Datum des bereits von den Dachverbänden beschlossenen zweitägigen Generalstreiks steht noch nicht fest. Es soll bestimmt werden, sobald »der Zeitplan für die parlamentarische Debatte und Abstimmung« über die neuen Reformen bekannt ist. In verschiedenen Branchen wurde und wird jedoch bereits vorher gestreikt. So haben die Anwaltskammern des Landes ihren Mitte Januar begonnenen Dauerstreik der Verweigerung von Gerichtsterminen bereits bis zum 7. Mai ausgedehnt. Und die Journalisten des Landes legten ihre Arbeit in den ersten drei Tagen der griechisch-orthodoxen Karwoche nieder.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.