Tausende demonstrieren kämpferisch in den Mai hinein
Aktionen gegen steigende Mieten, Verdrängung und Rassismus in Hamburg und Berlin / Kundgebung zur Wiedereröffnung des »Golden Pudel Clubs« / Friedliche Walpurgisnacht im Mauerpark
Berlin. Tausende Menschen haben in Hamburg und Berlin bei den traditionellen Demonstrationen am Vorabend des ersten Mai gegen steigende Mieten, Verdrängung und Rassismus protestiert. In der Hauptstadt beteiligten sich nach Angaben der Polizei etwa 2.300 Menschen an einer Demonstration vom U-Bahnhof Osloer Straße bis zum U-Bahnhof Bernauer Straße. Ganz ohne ein bisschen Militanzfetisch ging es natürlich nicht: Auf einem Hausdach schwenkten Vermummte Fahnen; vereinzelt wurden Böller und Signalfeuer gezündet. Ein Teil der Demonstranten zog - begleitet von Polizisten - mit der U-Bahn nach Nord-Neukölln, wo ein Protest mit mehreren Hundert Teilnehmern angemeldet war. Demonstriert wurde für den Erhalt eines Kiezladens in der Friedelstraße.
Im Berliner Mauerpark feierten danach Tausende entspannt in den 1. Mai. Menschen sangen oder tanzten, auch kleinere Feuer durften entzündet werden und leuchteten in den Abendhimmel. »Es ist immer besser geworden«, sagte Polizeisprecher Stefan Redlich. Da brauche es keine Beschränkungen mehr. In der Walpurgisnacht waren knapp 2.500 Beamte im Einsatz; darunter waren auch Kommunikationsteams in gelben Westen und Zivilpolizisten. Innensenator Frank Henkel von der CDU zeigte sich »sehr zufrieden«. Im Wedding sei das Polizeikonzept »komplett aufgegangen«. In Neukölln war die Polizei mit einem großen Aufgebot aufmarschiert. Die Kreuzung Reuter-/Ecke Weserstraße wurde abgesperrt. Scheinwerfer-Wagen der Polizei fuhren vor, um den Ort nach Einbruch der Dunkelheit ausleuchten zu können. Junge Menschen saßen bei Musik auf der Straße. Laut Polizei verlief die Aktion mit 400 bis 500 Teilnehmern »komplett friedlich«.
In Hamburg demonstrierten rund 1.800 Linke zu Beginn des 1.-Mai-Wochenendes. Die Polizei war mit 1.650 Mann im Einsatz. Die Demonstranten waren am Abend zunächst vom Schanzenviertel über die Reeperbahn zum Hafen gezogen. Dort sammelten sie sich beim »Golden Pudel Club«, der im Februar durch ein Feuer beschädigt worden war, zu einer Abschlusskundgebung. Die Demonstranten forderten den Wiederaufbau des Szenelokals. Auf Transparenten hieß es: »Burn to be alive«. Mehrere hundert Demonstranten zogen nach Angaben von Augenzeugen daraufhin wieder ins Schanzenviertel, wo noch Konzerte und Veranstaltungen stattfanden, etwa an der S-Bahnstation Sternschanze ein »Klassenfest gegen Staat und Kapital«. Dort gab es danach kleinere Scharmützel zwischen etwa 50 Demonstranten und der Polizei. Die Beamten behaupteten, mit Steinen und Flaschen beworfen worden zu sein. In der Nähe des Hafenkrankenhauses ging ein Bundeswehrauto in Flammen auf, an einem Porsche wurden alle vier Reifen durchstochen, wie ein Polizeisprecher sagte. Die Demonstranten zogen auf ihrem Weg zum Hafen auch durch die Straße, in der Innensenator Andy Grote (SPD) wohnt, und skandierten ironische Grußworte. Die Polizei hatte angekündigt, hart vorzugehen. Sie war auch mit der Reiterstaffel im Einsatz.
Am Sonntagabend will die linke Szene in der Hansestadt erneut auf die Straße gehen. Dann lautet die Parole: »Klasse gegen Kasse - heraus zum 1. Mai!« In der Hauptstadt hat die Polizei rund 6.500 Beamte für einen sicheren Feiertag aufgeboten. Zum traditionellen Straßenfest »Myfest« in Kreuzberg werden wieder Tausende Besucher erwartet. Am Abend soll zudem die »Revolutionäre 1. Mai Demonstration« starten.
Linke Gruppen waren vor Gericht mit der Forderung gescheitert, mit ihrer Demo durch das »Myfest« zu ziehen. Sie müssen das Straßenfest und das Zentrum des Stadtteils umgehen. Die Demonstration soll aber trotz des Verbots auf ihrer geplanten Strecke entlang der Oranienstraße demonstrieren. Bis zu 20.000 Teilnehmer werden erwartet, die Demo soll auch durch Mitte und Neukölln führen. Agenturen/nd
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