Kompromiss unter Unwilligen

EU-Ministerrat beschließt Pläne zu Steuervermeidung

Großunternehmen kennen viele Wege, um ihre Steuerzahlungen zu minimieren. Die EU will diese begrenzen - ein bisschen.

Lange hat es gedauert, doch am Ende bekamen die EU-Staaten die in Steuerfragen geforderte, extrem schwierige Einstimmigkeit zustande: Der Finanzministerrat ließ am Dienstag die neue EU-Richtlinie zur Begrenzung der Steuervermeidung von Unternehmen passieren. Auch Belgien und Tschechien, die sich zunächst noch Bedenkzeit erbeten hatten, legten kein Veto ein.

Die Richtlinie zur Bekämpfung von Steuervermeidung ist Teil eines Maßnahmenpakets der EU-Kommission. Ziel ist es, die Möglichkeiten von Großunternehmen einzuschränken, Gewinne steuermindernd kleinzurechnen oder von Hochsteuer- in Niedrigsteuerländer zu verschieben. Die EU-Kommission schätzt, dass den Mitgliedstaaten dadurch jährlich Einnahmen von 50 bis 70 Milliarden Euro entgehen.

Enthüllungen wie »LuxLeaks« oder »Panama Papers« konnten aber offenbar nicht den nötigen Druck erzeugen. Der Vorschlag beruht nur auf den von der G20 beschlossenen Minimalstandards der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung gegen Steuervermeidung, ist sogar teils noch schwächer - etwa bei der beliebten Praxis, innerhalb von Konzernen Kredite an Töchter in Hochsteuerländern zu vergeben, wobei die Zinslast steuermindernd wirkt. Die OECD schlägt vor, maximal 20 Prozent interner Zinslasten steuermindernd gelten zu lassen, Brüssel erlaubt eine Quote von 30 Prozent. Trotzdem gab es gegen Details der Kommissionspläne Vorbehalte vieler Mitgliedstaaten von Irland bis Zypern und von Lettland bis Frankreich, die mit Steuergestaltungsmöglichkeiten oder Niedrigststeuersätzen Firmen locken.

Bei ihrem Treffen im Mai waren die Finanzminister noch weit von einer Einigung entfernt. Die niederländische Ratspräsidentschaft - das Land ist selbst bekannt für großzügige Regelungen für Unternehmen - organisierte 15 Treffen auf technischer Ebene, bei denen die Pläne erheblich abgeschwächt wurden. Die Vorschriften für ausländische Unternehmen sollen nur noch Gewinnverlagerungen aus dem Sitzland des Mutterkonzerns verhindern. Die Begrenzung steuerlich abzugsfähiger Zinszahlungen soll nicht für bestehende Kredite gelten und erst 2019 eingeführt werden.

Dennoch konnte sich der Ministerrat am vergangenen Freitag in Luxemburg immer noch nicht einigen, weil Belgien und Tschechien nicht zustimmten. Da sie aber die Frist, bis Montagnacht ihr Veto gegen das Kompromisspapier der Ratspräsidentschaft einzulegen, verstreichen ließen, gilt der Vorschlag formell als angenommen. Die belgische Regierung wurde damit geködert, dass sie ihre Regeln zur Begrenzung der Steuerbegünstigung für Zinsen noch fünf Jahre später anzupassen braucht.

»Die Finanzminister haben den bereits enttäuschenden Vorschlag der EU-Kommission mit der Axt zurechtgestutzt«, kritisiert Sven Giegold, Finanzexperte der Grünen im Europaparlament. »Die EU-Regierungen meinen es nicht ernst mit der Bekämpfung von Steuerdumping.«

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