Mindestens 80 Tote bei IS-Doppelanschlag in Kabul
Attentäter sprengen sich mitten in schiitischer Demonstration in die Luft
Kabul. Zwei Selbstmordattentäter haben sich in der afghanischen Hauptstadt Kabul bei einer Demonstration von Schiiten in die Luft gesprengt und dabei mindestens 80 Menschen getötet. Wie das afghanische Innenministerium am Samstag weiter bekanntgab, wurden außerdem weit mehr als 200 Menschen verletzt.
Nach Angaben des IS-Sprachrohrs Amak bekannte sich die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) zu der Tat. Laut der Organisatoren der Demonstration hatten sich mehr als 10.000 Menschen auf einem zentralen Platz versammelt, um gegen die Verlegung einer geplanten Hochspannungsleitung zu demonstrieren.
Zwei Attentäter zündeten nach Behördenangaben ihre Sprengstoffgürtel inmitten der Demonstration. Laut einem Geheimdienstmitarbeiter habe es noch einen dritten Selbstmordattentäter in der Menschenmenge gegeben, er gab aber keine Informationen über dessen Verbleib. Ein Demonstrant sagte, dass seiner Beobachtung nach ein dritter Täter von Sicherheitskräften getötet worden sei, als dieser auf eine Gruppe Frauen zurannte.
Der Demonstrant, der sich zum Anschlagszeitpunkt nahe des Platzes aufgehalten hatte, veröffentlichte auch ein Video auf Facebook, das den Platz mit zahlreichen Opfern zeigte.
Der Anschlag mache ihn »tieftraurig«, erklärte Afghanistans Präsident Ashraf Ghani am Samstag. Unter den Opfern seien auch afghanische Sicherheitskräfte, fügte er hinzu. Regierungsgeschäftsführer Abdullah Abdullah verurteilte den Anschlag auf Twitter: »Es zeigt, dass Terroristen und ihre Verbündeten keinen Respekt vor Menschenleben haben.« Die US-Botschaft in Afghanistan nannte die Attacke »hinterhältig«. Unschuldige seien ums Leben gekommen, die mit einer friedlichen Demonstration ihre Grundrechte ausgeübt hätten. EU-Vertreter drückten den Familien und Freunden der Opfer ihr Mitgefühl und ihre Solidarität mit dem afghanischen Volk aus. »Wir rufen alle Afghanen auf, geeint zu bleiben, um die Bemühungen im Kampf gegen diese globale Bedrohung zu unterstützen«, teilte ein Sprecher der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini mit.
Die Demonstration in Kabul hatte sich gegen die Verlegung der Route eines wichtigen Stromprojekts gerichtet. Ursprünglich hatte die geplante Überland-Stromtrasse über die zentralafghanische Provinz Bamian verlaufen sollen. Nach einem späteren Gutachten wurde die Route aus Sicherheits- und technischen Gründen aber verlegt. Viele Demonstranten waren Mitglieder der Hasara, die größte ethnische Minderheit des Landes, die mehrheitlich die Bevölkerung von Bamian ausmacht. Sie protestierten gegen die wirtschaftliche Benachteiligung und fortgesetzte Diskriminierung ihrer schiitischen Ethnie.
Die sunnitische Terrormiliz IS hat wiederholt brutale Anschläge auf Schiiten in Syrien und im Irak verübt. Die Attacke am Samstag ist die erste gegen eine ethnische Minderheit in Kabul. dpa/nd
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