Olympia bildet
Oliver Kern kann von kleinen Sportarten nie genug bekommen
Olympia ist immer wieder eine tolle Bildungsgelegenheit. Seit Samstag weiß ich, dass der Mattenrichter beim Judo eine kleine Wertung namens Yuko verteilt, wenn er seinen Arm im 45-Grad-Winkel nach unten streckt. Sind es 90 Grad zur Seite, ist es ein Waza-ari, also eine große Wertung. Geht der Arm nach oben, ist der Kampf per Ippon gleich ganz vorbei. Die Judoka unter den Lesern mögen mir die vorherige Unwissenheit verzeihen.
Ich kann jetzt auch beim Florettfechten glänzen. Nicht mit eigenen Aktionen auf der Planche, aber doch mit dem Wissen, dass es hier keine Doppeltreffer gibt und das Angriffsrecht extrem wichtig für die Punktevergabe ist. Ich habe zwar keine Ahnung, wie man dieses Recht bekommt, aber es sind ja noch knapp zwei Wochen Zeit zum Lernen.
Man mag von Olympischen Spielen halten, was man will. Der Kommerz, das Doping, die Umweltsünden und Menschenrechtsverletzungen. Sie gehören allesamt kritisiert und verachtet. Aber Olympia ist eben auch alle vier Jahre mal ein Schaulaufen von Sportarten, die nicht Fußball, Biathlon oder Formel 1 heißen. Am ersten Wettkampftag habe ich die Glotze erst um drei Uhr nachts ausgemacht. Ich konnte einfach nicht genug bekommen von Leichtgewichtsvierern, Tsukahara-Abgängen, Cutshots und Piaffen.
Ein dumpfes Gefühl begleitete mich jedoch durch diese Nacht - ein Deja-vu. Ich denke, ich wusste schon mal, was Yuko, Waza-ari und Ippon sind, wie ein Tsukahara am Barren aussieht oder eine Piaffe des Dressurpferdes. Es liegt wahrscheinlich genau vier Jahre zurück. Ich muss einen Weg finden, das neue Wissen vom Kurz- ins Langzeitgedächtnis zu übertragen. Wie wärs also mit Olympia in jedem Jahr? So denke ich alle vier Jahre nach dem ersten Olympiatag. Nach spätestens zwei Wochen dann aber nicht mehr. So viel weiß ich noch.
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