Entwicklungshilfe für Deutschland

Terre des hommes und Welthungerhilfe sehen Nachholbedarf bei der Politik der Bundesregierung

»Auch Deutschland ist ein Entwicklungsland!« Die Aussage von Albert Recknagel überrascht nur auf den ersten Blick. In Bezug auf die 2015 von der UN-Vollversammlung verabschiedete Agenda 2030 ist die Aussage des Vorstandssprechers von Terre des hommes zweifellos berechtigt: Deutschland hat viel Nachholbedarf, um einen seiner Größe und wirtschaftlichen Stärke angemessenen Beitrag zu leisten, dass der blaue Planet zukunftsfähig wird. »Weiter so führt direkt in die Katastrophe«, sagt Recknagel mit Verweis auf den ökologischen Fußabdruck Deutschlands, der weit über dem liegt, was mit einer nachhaltigen Entwicklung auf einem begrenzten Planeten vereinbar ist.

Verbunden ist die Agenda 2030 auch mit dem Umstand, dass »niemand zurückgelassen werden darf«, wie es der UN-Generalsekretär Ban Ki Moon ausdrückte.

Ban Ki Moons Formel »Leave no one behind« ist der Titel der 24. Ausgabe des Berichts zur »Wirklichkeit der deutschen Entwicklungspolitik«, den die beiden Hilfsorganisationen Welthungerhilfe und Terre des hommes jährlich als konstruktiv-kritische Bestandsaufnahme herausgeben. 2016 in einem neuen, kompakteren Format und zu einem mit Bedacht gewählten früheren Zeitpunkt: passend zur Generalaussprache über die Politik der Regierung und der ersten Lesung zum Etat des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) am Mittwochabend. Schließlich sollen in einer Zeit, in der Bundeskanzlerin Angela Merkel die Botschaft verkündet, man werde »sehr viel mehr Geld für Entwicklungspolitik« bereitstellen müssen, die Haushaltspolitiker prägnante Informationen zu Hand haben, wohin dieses Geld laut der entwicklungspolitischen Experten vorzugsweise fließen sollte und wohin nicht.

Till Wahnbaeck, Vorstandsvorsitzender der Welthungerhilfe, hat dazu klare Vorstellungen: Gerade die besonders armen Gruppen, die bisher nicht von Entwicklungsinitiativen erreicht wurden, sollten stärker in den Blickpunkt der deutschen Entwicklungspolitik gerückt werden. »Deutschland darf die ärmsten Staaten nicht vergessen und muss seine Hilfe aufstocken. Stattdessen ist seit 2010 der Anteil der Entwicklungshilfe für die bedürftigsten Länder von 28 auf 23 Prozent gesunken«, kritisierte er am Mittwoch in Berlin bei der Vorstellung des Berichtes.

Insgesamt zeigt die Tendenz beim BMZ-Haushalt nach oben: Betrug er 2013 noch 6,3 Milliarden Euro, so ist er auf knapp 7,5 Milliarden in diesem Jahr angewachsen und steht nun mit 7,99 Milliarden im Plan. Allerdings ist einer der größten Empfänger von Entwicklungshilfe Deutschland selber: 2,7 Milliarden Euro - das ist die Summe, die aus dem BMZ-Etat 2015 für die Flüchtlingskrise aufgewandt wurde. Wahnbaeck mahnte eine saubere Trennung der Mittel an. »Weiter so« ist keine Option, heißt es im Bericht. Das gilt für Entwicklungs- und Regierungspolitik gleichermaßen.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -