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IAB: Hartz-Strafen verstärken soziale Ungleichheiten

Geringer Gebildete benachteiligt: Forscher der Bundesagentur empfehlen Entschärfung der Regeln / Linke und linke Grüne: Sanktionen abschaffen

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Die Sanktionspraxis der Jobcenter verfestigt und verstärkt bestehende soziale Ungleichheiten - das ist das Ergebnis ausgerechnet einer Studie des zur Bundesagentur für Arbeit gehörenden Forschungsinstituts IAB. Wie »Report Mainz« berichtet, empfehle das IAB in einer aktuellen, bislang weitgehend unbekannten Studie, dass im Hartz-IV-System »die Sanktionsregeln entschärft werden«. Der Grund: Es hätte sich gezeigt, dass wenig gebildete Hartz-IV-Empfänger durch dieses Strafsystem benachteiligt werden - sie bekommen häufiger Strafen, etwa wegen Meldeversäumnissen oder bei Verstößen gegen Mitwirkungspflichten, so der SWR in einer Vorabmeldung. Die Sendung läuft am Dienstagabend in der ARD.

»Report Mainz« zitiert unter anderem Professor Mark Trappmann, einer der Autoren der IAB-Studie, mit den Worten, »die Ursache scheint nicht zu sein«, dass die Erwerbslosen mit geringerer Bildung »weniger arbeitsmotiviert sind oder weniger konzessionsbereit«. Die Benachteiligung gehe vielmehr auf »mangelndes Wissen wenig Gebildeter zu institutionellen Vorgaben« und auf »Negativzuschreibungen in den Akten dieser Personen« durch die jeweiligen Fallmanager der Arbeitsämter zurück. »Das Sanktionssystem im SGB II scheint damit soziale Ungleichheit nach Bildung zu reproduzieren und zu verstärken«, so die Studie - und die Sanktionen hätten teils »gravierende Folgen für die Sanktionierten«-

Die Linkenvorsitzende Katja Kipping sagte zu den Studienergebnissen, »bestraft wird nicht Fehlverhalten, sanktioniert wird soziale Ferne zu den Fallmanagern sowie formale Qualifikation«. Ihrer Meinung nach haben Sanktionen »im Sozialrecht nichts zu suchen«. Ihre Partei fordere »daher seit langem die Abschaffung der Hartz-IV-Sanktionen«. Auch auf dem linken Flügel der Grünen wird auf eine Abschaffung der Hartz-IV-Sanktionen hingearbeitet. Über einen entsprechenden Antrag für den Bundesparteitag Mitte November in Münster berichtet die »Berliner Zeitung«. Man strebe »ein Ende der Praxis von Androhung und Bestrafung« an, »die in vielen Job-Centern und Arbeitsagenturen Realität ist«, zitiert das Blatt aus dem Antrag. Der Antrag des Grünen-Bundesvorstandes für den Parteitag fordere lediglich, Sanktionen zu evaluieren und sie bis zu einer Stärkung der Rechte Arbeitssuchender auszusetzen.

Die SWR-Sendung zitiert den Arbeitsmarktforscher Stefan Sell von der FH Koblenz-Remagen mit den Worten, »der Befund der neuen Forschung ist wirklich niederschmetternd aus sozialpolitischer Sicht, weil er belegt einmal mehr, dass die schwächsten Glieder in der Kette am meisten betroffen sind. Gerade diejenigen, die offensichtlich Missbrauch betreiben, gehen ihnen im Regelfall durch die Lappen. Wer übrig bleibt in diesem großen Fangnetz der Sanktionen sind die Leute, die nicht mutwillig, böswillig gegen irgendetwas verstoßen, sondern die beispielsweise bestimmte Dinge gar nicht verstehen.«

Sell plädierte für Entschärfung der Sanktionen: »Wir reden hier über das Existenzminimum der Menschen, was ohnehin schon nach Meinung vieler Kritiker eigentlich viel zu niedrig bemessen ist. Sanktionen dürfen nur wirklich der allerletzte Schritt sein und man sollte, wenn es irgendwie geht, darauf verzichten.«

Das Bundesarbeitsministerium teilte auf Nachfrage mit, man nehme das Problem ernst, und wolle mit dem neuen Rechtsvereinfachungsgesetz auch die Beratung in den Jobcentern verbessern. Dazu habe man Regelungen geschaffen, »die dem Problem der potentiellen Benachteiligung von geringer gebildeten Personen entgegenwirken sollen«. Grundsätzlich seien Nachteile der weniger Gebildeten »allgemeiner Natur und dementsprechend bei vielen Alltagsgeschäften (z. B. im Rahmen von Mietverhältnissen oder Handyverträgen) anzutreffen«, hieß es zugleich abwiegelnd. Agenturen/nd

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