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Zu wenig Honorar für eine gute Idee?

Medikationspläne sind als Minimalvariante seit Oktober für Kassenpatienten abrechenbar

  • Ulrike Henning
  • Lesedauer: 3 Min.

In der Erkältungssaison werden in den Apotheken viele rezeptfreie Medikamente an die bedürftige Kundschaft verkauft, darunter auch Hustenstiller. Ein Produkt aus diesem Sortiment ist Silomat DMP. Die Abkürzung weist darauf hin, dass das Mittel Dextrometorphan enthält. Dieser Bestandteil setzt im Hustenzentrum des Stammhirns an und kann zu heftigen Neben- und Wechselwirkungen mit anderen Pharmazeutika führen. Asthmatiker, COPD-Patienten und Stillende - beziehungsweise deren Ärzte und Apotheker - müssen hier sehr sorgsam sein.

Dextrometorphan kann in größeren Mengen auch als Rauschmittel missbraucht werden. Bei hoher Konzentration im Blut kann es zu Erregung, Schwindel und Atembeschwerden kommen. Problematisch könnte auch die Einnahme von weiteren Medikamenten werden, die ebenfalls die Serotoninwiederaufnahme hemmen. Dies ist nur ein Beispiel für Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Arzneimitteln - zumal von solchen, die dem Laien harmlos erscheinen, eben weil er sie ohne Rezept von einem Arzt erhält.

Gesetzlich Versicherte, die mindestens drei verordnete Medikamente über mehr als vier Wochen einnehmen, haben seit das Recht, ihren Arzt nach der Ausstellung eines Medikationsplanes zu fragen. Den sollte nach Möglichkeit der Hausarzt ausfertigen, aber auch ein Facharzt kann das tun. Zunächst gibt es den Plan auf Papier, ab 2018 soll er auf der elektronischen Gesundheitskarte gespeichert werden können. Das Dokument sollte außer den persönlichen Angaben und dem Tag der Erstellung und Aktualisierung des Plans Grundsätzliches zur Medikation enthalten. Das umfasst die folgenden Punkte: Wirkstoff, Handelsname, Stärke (zum Beispiel 10 Milligramm), Form (etwa Tablette oder Tropfen), Einnahmehinweise (wann am Tag jeweils wie viel), Hinweise und die Begründung. Für die Ärzte entsteht so eine Übersicht, auf die sie weitere Medikamente abstimmen können. Bei störenden Nebenwirkungen könnte überlegt werden, Mittel auszutauschen oder ganz abzusetzen. Voraussetzung für den Nutzen ist natürlich, dass der Plan vollständig ist. Rezeptfreie Medikamente wie Schmerzmittel oder regelmäßig konsumierte Nahrungsergänzungsmittel sollten mit bedacht werden. Hier tragen auch die Patienten selbst eine Verantwortung.

Ein Medikationsplan könnte eine gute und nützliches Sache sein, Wechsel- und Nebenwirkungen reduzieren und unnütze Beschwerden verhindern. Könnte, denn dieses Instrument ist noch nicht im Behandlungsalltag angekommen. Das hat mehrere Ursachen. So gab es langwierige Auseinadersetzungen über das ärztliche Entgelt für diesen Aufwand. Mit dem Ergebnis sind die Mediziner durchaus nicht zufrieden. Sie können nun pro Fall pro Quartal einen Euro abrechnen. Wahrscheinlich ist ein mit diesem Aufwand erstellter Medikationsplan nicht viel besser als gar keiner. Als Messlatte könnten bisherige Projekte zum gleichen Thema dienen, die deutlich höher vergütet werden, aber nur Versicherten bestimmter Kassen zugänglich sind. Dabei können Ärzte zwischen 80 und 160 Euro pro Jahr abrechnen. Diese Projekte sind anspruchsvoller, einige sind in der Software komfortabler für die Mediziner. Für die jetzt neu abrechenbare Minimalvariante scheint die Praxissoftware noch nicht in allen Fällen auf der Höhe der Anforderungen zu sein.

Normalverbraucher möchten eigentlich davon ausgehen, dass Ärzte bei ihren Verschreibungen mitdenken und Risiken überschauen und mitteilen. Wie geschah das bisher ohne Medikationspläne? Vielleicht mit individuellen Varianten? Sicher, aber auch nur teilweise. Bislang konnten Medikationspläne für gesetzlich Versicherte regulär nur bei Krebs-, Schmerz- und Transplantationspatienten abgerechnet werden. Über die Chronikerpauschale gibt es ebenfalls einen Zuschlag. Auch manche Praxissoftware enthielt schon nützliche Extras zum Thema.

Aktuelle Nachfragen bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zeigen, dass es Klärungsbedarf zum Nebeneinander der verschiedenen Varianten gibt. Laut dem Wissenschaftlichen Institut der AOK (WidO) kommen 20 Millionen Kassenpatienten für den neuen Medikationsplan in Frage. Eine auf diesem Wege erzielte rationale Einsparung von Medikamenten - ohne verschlechterte Therapie - könnte deutlich Kosten sparen. Das passt vielleicht nicht allen Patienten, vor allem nicht jenen, die an der Menge ihrer Arzneimittel die eigene Wichtigkeit bemessen. Und auch nicht allen Ärzten, vor allem nicht jenen, die ihre Kunst auf die Medikation beschränkt sehen.

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