Grüne Basis wählt konservativ

Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt und Parteichef Cem Özdemir setzen sich bei Urabstimmung um Spitzenkandidatur zur Bundestagswahl durch

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Die Basis hat gewählt: Die Grünen ziehen mit Cem Özdemir und Katrin Göring-Eckardt als Spitzenkandidaten in den Bundestags-Wahlkampf. Die Parteimitglieder entschieden sich damit in der Urwahl ihres Spitzenduos für einen bürgerlichen Kurs der Mitte.

Eine Wahl hatten die Parteimitglieder nur bei den Männern: Parteichef Cem Özdemir, Fraktionschef Anton Hofreiter und der schleswig-holsteinische Umweltminister Robert Habeck bewarben sich. Auf den Frauenplatz gab es nur eine Anwärterin, Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt hatte ihren Platz im Spitzenduo damit sicher. Bei den Männern war das Votum dagegen äußerst knapp ausgefallen: Özdemir landete mit 35,96 Prozent nur 75 Stimmen mehr als Habeck, der auf 35,74 Prozent kam.

Obwohl alle Grünen betonen, dass sie selbstständig in die Wahl gehen wollen, dürfte die Entscheidung als Wink in Richtung schwarz-grüner oder rot-rot-grüner Koalition gewertet werden. Allerdings haben beide Kombinationen derzeit in Umfragen keine Mehrheit.

2013 hatten die Grünen sich für eine rot-grüne Koalition ausgesprochen und eher enttäuschende 8,4 Prozent geholt. Göring-Eckardt, Özdemir und Habeck zählen zum eher bürgerlichen Flügel der Partei, Hofreiter gehört dem linken Parteiflügel an.

Nun landen zwei »Realos« an der Spitze - für die Grünen ist das ungewöhnlich. »Der linke Flügel kann dann natürlich nicht das Ergebnis der Urwahl in Frage stellen, aber er muss dann inhaltlich Pflöcke einschlagen, um sichtbar zu bleiben«, sagte der Parteienforscher Oskar Niedermayer von der Freien Universität Berlin der Deutschen Presse-Agentur im Vorfeld. Dies könne im Wahlkampf zum Problem werden, denn wenigstens in der Endphase sollten Parteien geschlossen wirken. »Die Bevölkerung mag es nicht, wenn sie nicht weiß, wen sie eigentlich wählt.«

Auch aus den Reihen der LINKEN gab es Äußerungen zum Wahlausgang. Bundesgeschäftsführer Matthias Höhn erklärte, die Chancen für ein mögliches schwarz-grünes Bündnis seien nun gestiegen. »Nur eine Stimme für DIE LINKE ist eine verlässliche Stimme gegen Seehofer & Merkel«, so Höhn in einer Erklärung. SPD und Grüne hielten sich offen, Merkel im Amt zu bestätigen. »Das kratzt an der Glaubwürdigkeit von Grünen und Sozialdemokraten.«

Fast 60 Prozent der rund 61.000 Mitglieder haben sich an der Urwahl beteiligt. Das Urwahl-Verfahren haben die Grünen vor der letzten Bundestagswahl erstmals eingeführt, um Streit über die Kandidaten zu vermeiden. Beim letzten Mal gab es eine Überraschung, weil Göring-Eckardt sich gegen die Grünen-Promis Claudia Roth und Renate Künast durchsetzte. Diesmal gilt Habeck als Außenseiter. dpa/nd

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