Dragqueen und Butterwegge mischen Bundesversammlung auf
Steinmeier gewählt / Linke-Kandidat mahnt mehr Gerechtigkeit an / Olivia Jones macht ein Statement für die Vielfalt
Berlin. Dragqueen Olivia Jones sieht sich als »Statement vor allen Dingen für Vielfalt« bei der Wahl des Bundespräsidenten. »Ich bin der Farbtupfer hier«, sagte die 47-Jährige am Sonntag im Bundestag, wo sie auf Einladung der Grünen den Nachfolger von Joachim Gauck mitwählen durfte. Wenig überrschand wurde das am Sonntag Frank Walter Steinmeier. Der frühere SPD-Außenminister und gemeinsame Kandidat von Sozialdemokraten und Union bekam am Sonntag erwartungsgemäß im ersten Wahlgang die erforderliche Mehrheit: 931 von 1239 gültigen Stimmen.
Jones trug ein knalliges Kostüm in Blau und Orange und kam wegen einer Beinverkürzung im Rollstuhl an und hatte silber-glitzernde Krücken dabei. Um sechs Zentimeter habe sie sich die Beine verkürzen lassen - »extra für dich«, sagte Jones zur ehemaligen Grünen-Chefin Claudia Roth.
Rund sieben Monate vor der Bundestagswahl wird an diesem Sonntag der neue Bundespräsident gewählt. Haushoher Favorit bei der Abstimmung in der Bundesversammlung ist der gemeinsame Kandidat von SPD und Union, Ex-Außenminister Frank-Walter Steinmeier. Auch Grüne und FDP haben signalisiert, den 61-jährigen SPD-Politiker zum Nachfolger von Joachim Gauck zu wählen.
Die LINKE schickt mit dem Reichtums- und Armutsforscher Christoph Butterwegge hingegen einen eigenen Kandidaten ins Rennen. Am Samstag mahnte Butterwegge die Überwindung einer sozialen Spaltung in Deutschland an. Wer um die Demokratie besorgt sei, müsse dafür sorgen, »dass mehr soziale Gerechtigkeit in der Bundesrepublik hergestellt wird und dass auch Umverteilung von oben nach unten stattfindet«, sagte der Armutsforscher in Berlin. »Ich glaube, dass ich derjenige Kandidat bin, der dieses Kardinalproblem unserer Gesellschaft am intensivsten thematisiert.«
Aufgabe eines Bundespräsidenten, egal wie er heiße, sei es, die Gesellschaft aufzurütteln. Er müsse die Regierenden darauf hinweisen, dass sie Lösungen suchen müssten, die Spaltung ein Stück weit wieder zu schließen.
Für die AfD kandidierte Bundesvize Albrecht Glaser. Er bekam mit 42 Stimmen mehr Unterstützung als es die Zahl der AfD-Wahlleute erwarten ließ. Bei der Verkündung des Ergebnisses gab es Buh-Rufe.
Steinmeier ruft zu mutigem Blick in die Zukunft auf
Der gewählte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die Deutschen in seiner ersten Rede zu einem mutigen Blick in die Zukunft aufgerufen. Deutschland sei in »stürmischen Zeiten« für viele Menschen in der Welt zu einem »Anker der Hoffnung« geworden, sagte Steinmeier nach seiner Wahl durch die Bundesversammlung am Sonntag in Berlin. »Und wenn wir anderen Mut machen wollen, dann brauchen wir selber welchen.«
Steinmeier sagte, dass er die Wahl zum Bundespräsidenten mit »großer Freude« annehme. Zugleich habe er weiter »großen Respekt« vor dem Amt. Denjenigen, die ihn nicht unterstützt hätten, verspreche er: »In Respekt vor dem Vielklang der Stimmen in unserer Demokratie werde ich dafür arbeiten, auch ihr Vertrauen zu gewinnen.«
Steinmeier tritt sein Amt am 19. März an. Den scheidenden Bundespräsidenten Joachim Gauck würdigte er als Staatsoberhaupt, der für die Freiheit gesprochen und »das Glück der Freiheit mit jeder Faser verkörpert« habe.
Der langjährige SPD-Politiker tritt sein Amt am 19. März an. Die Zeit bis dahin wolle er nutzen, um ein wenig »runterzukommen« und Abschied zu nehmen von seinen Aufgaben als Außenminister, sagte er der ARD.
Dank richtete Steinmeier an seinen Vorgänger Joachim Gauck. Der scheidende und sichtlich gerührte Bundespräsident wurde von der Bundesversammlung mit stehendem Applaus gefeiert, als Sitzungsleiter Norbert Lammert (CDU) dessen Arbeit der vergangenen Jahre würdigte. Vertreter der AfD und der Linken blieben dagegen sitzen, was CDU-Generalsekretär Peter Tauber als fehlenden Anstand kritisierte. dpa/nd
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