Eine Stadt im Ausnahmezustand

Schon ein Jahr vor dem G20-Gipfel begannen in Hamburg die mediale Stimmungsmache und die Aufrüstung der Polizei

  • Elke Steven
  • Lesedauer: 2 Min.

Die Inszenierung eines Ausnahmezustands hat schon im Sommer 2016 begonnen. Die Stadt Hamburg teilte mit, anlässlich des G20-Treffens im Juli 2017 die Polizei mit neuer Kommunikationstechnologie aufzurüsten, denn sie erwartet, dass die Sicherheitskräfte des US-Präsidenten mit Störsendern das Funknetz beeinträchtigen werden. Zugleich wurden Maschinenpistolen und ein neuer Panzerwagen - »Survivor I« (Der Überlebende) - beschafft, auf dessen Dach ein Maschinengewehr montiert werden kann.

Gewarnt wird bereits vor 10 000 »gewaltbereiten Autonomen«. Die ehemalige Frauenhaftanstalt Hahnöfersand auf der schwer zugänglichen Elb-Halbinsel wird ausgebaut, um die Untersuchungshaftkapazitäten zu erweitern. Im Stadtteil Harburg wird ein ehemaliger Lebensmittelgroßmarkt zu einer Gefangenensammelstelle (Gesa) umgebaut.

Der notorische Rechtsbrecher Hartmut Dudde ist zum Leiter des Vorbereitungsstabes und zum Polizeiführer der Gipfel-Einsätze ernannt worden. In seiner Zeit als Gesamteinsatzleiter der Bereitschaftspolizei hat er mehrfach gerichtlich festgestellte Rechtsbrüche begangen: Einkesselungen, Ingewahrsamnahmen, Versammlungsauflösungen.

Schon beim OSZE-Treffen Anfang Dezember 2016 wurde eine relativ kleine Demonstration von insgesamt über 13 000 hochgerüsteten Polizisten aus den Bundesländern und vom Bund begleitet. Neue Wasserwerfer, berittene Polizei, diverse Spezialeinheiten - BFE (Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit), USK (Unterstützungskommando), BeSi (Beweissicherung) - wurden abschreckend vorgeführt. Auf autoritäre und martialische Provokationen der Polizei zu Beginn reagierten die Demonstrierenden zum Glück sehr besonnen.

Es ist außerdem davon auszugehen, dass innerhalb der linken Szene verdeckt ermittelt wird. Immerhin sind in Hamburg in den letzten Jahren nacheinander drei verdeckt ermittelnde Polizeibeamtinnen aufgeflogen. Die Rechtswidrigkeit von zwei Einsätzen hat die Polizei jeweils nach Klageerhebung eingestanden - nicht zuletzt, um die Öffentlichkeit nicht genauer informieren zu müssen. Erinnert sei daran, dass vor dem Gipfel in Heiligendamm 2007 ohne entsprechende rechtliche Grundlagen sogar nach Paragraf 129a StGB (»terroristische Vereinigung«) gegen Menschen aus der globalisierungskritischen und autonomen Bewegung ermittelt wurde.

Aber es sind nicht nur die polizeilichen Waffen und Ausforschungsmethoden, die im Juli in Hamburg zu befürchten sind. Solche Ereignisse begleitet die Polizei inzwischen mit einem medialen Angebot, mit dem auch die Hoheit über die Berichterstattung gewonnen werden soll.

Während etwa beim ersten Castortransport Mitte der 1990er Jahre die polizeiliche Pressestelle drei Mitarbeiter hatte, waren beim letzten Castortransport insgesamt 110 Personen eingesetzt. Wozu diese Art des medialen Dominanzstrebens führen kann, war beim Gipfel in Heiligendamm zu erkennen. Der Pressesprecher der Polizei konstatierte später, er habe die Öffentlichkeit oft falsch informiert. Aufgrund dieser Fehlinformationen entschied das Bundesverfassungsgericht, einen Sternmarsch zu verbieten. Die alternativ-faktischen Polizeiberichte sollen damals wie heute die Wahrnehmung und Erinnerung dauerhaft dominieren.

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