Bartsch: Politikwechsel im Herbst ist möglich

Linkspartei und Grünen signalisieren wachsende Hoffnung auf eine Abwahl Merkels bei der Bundestagswahl

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Berlin. SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz erwartet bei der Bundestagswahl ein enges Rennen zwischen ihm und Amtsinhaberin Angela Merkel (CDU). »Über 20 Prozent der Wähler entscheiden sich erst in den letzten zehn Tagen, zwei bis drei Prozent erst unmittelbar am Wahltag«, sagte Schulz den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland vom Samstag. »Möglicherweise kommt es am Ende genau auf diese zwei, drei Prozent an.«

Seit der Ernennung des früheren Präsidenten des Europaparlaments zum SPD-Kanzlerkandidaten befinden sich die Sozialdemokraten in Meinungsumfragen im Aufwind und liegen teilweise vor der Union aus CDU und CSU. Schulz sagte dazu, für die »klassisch sozialdemokratischen Werte« wie Respekt, Toleranz und Zusammenhalt stünden viele und die SPD zeige jetzt wieder, »dass sie an sich selbst glaubt«. Deshalb stehe sie nun so gut da.

»Ich als Person gebe dem möglicherweise eine passende Stimme«, sagte der Sozialdemokrat, der sich zuletzt für Korrekturen der umstrittenen Arbeitsmarktreform Agenda 2010 des früheren SPD-Bundeskanzlers Gerhard Schröder ausgesprochen hatte. Diese Äußerungen und die derzeitigen Umfragewerte der SPD lassen bei Linken und Grünen die Hoffnung auf ein rot-rot-grünes Regierungsbündnis nach der Wahl im September steigen.

Rechnerisch gebe es seit der Ernennung des SPD-Kanzlerkandidaten »sehr viel bessere Voraussetzungen, Frau Merkel abzulösen, als vor Schulz«, sagte LINKEN-Chef Bernd Riexinger der »Mitteldeutschen Zeitung« vom Samstag. »Er hat eine sehr viel reellere Machtoption.«

Riexinger hob zudem hervor, dass Schulz »einen Wahlkampf mit dem Schwerpunkt soziale Gerechtigkeit führt und damit das richtige Thema in den Mittelpunkt stellt«. Der Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Dietmar Bartsch, sagte dem SWR, es müsse sich erst noch zeigen, ob der SPD-Höhenflug stabil sei. Er finde es jedoch gut, »dass es nunmehr möglich wird, einen Politikwechsel im Herbst anzustreben«.

Bereits am Freitag hatte Linksfraktionschefin Sahra Wagenknecht die Ankündigung von Schulz zu Korrekturen an der Agenda 2010 begrüßt und sich offen für eine Koalition mit den Sozialdemokraten gezeigt. »Wenn die SPD ernsthaft eine sozialere Politik verfolgen will, wird es an uns garantiert nicht scheitern«, sagte sie dem »Spiegel« laut Vorabmeldung von Freitag. »Wenn wir den Sozialstaat wiederherstellen und eine friedliche Außenpolitik erreichen können, beteiligen wir uns gern an einer Regierung.«

Die guten Umfragewerte der SPD seien »ein weiteres Indiz, dass wir vor einem sehr spannenden Wahlkampf stehen«, sagte der Bundesgeschäftsführer der Grünen, Michael Kellner dem »Kölner Stadt-Anzeiger« vom Samstag. Für einen Regierungswechsel brauche es aber seine Partei: »Die große Koalition ablösen geht nur mit starken Grünen.«

Der SPD-Vizevorsitzende Ralf Stegner lehnte es ab, mit einer Koalitionsaussage zugunsten einer rot-rot-grünen Koalition in die Bundestagswahl zu gehen. »Wir machen keine Koalitionswahlkämpfe, sondern versuchen, ein möglichst gutes Ergebnis für die SPD zu erzielen«, stellte Stegner in der »Mitteldeutschen Zeitung« klar. »Sonst stärken wir nur die kleinen Parteien. Das ist nicht in unserem Interesse.«

Der CDU-Politiker Jens Spahn begrüßte die Entwicklungen in den Meinungsumfragen. »Es wird wieder spannend. Und ich finde, das ist gut«, sagte er dem »Deutschlandfunk«. Die SPD sei aus ihrer politischen, »fast zehn Jahre langen Depression« herausgekommen. Union und SPD fingen an, »sich wieder stärker zu entscheiden und wieder ein spannenderes Rennen daraus zu machen«, fügte der Finanzstaatssekretär hinzu. Agenturen/nd

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