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Jochen Thärichen
23. 9. 1944 - 26. 4. 2017
Berlin verfügt - trotz aller Sparauflagen - über eine vielfältige Orchesterlandschaft. Es gibt weitaus mehr als Philharmoniker und Staatskapelle. Zu den kleineren, weniger glamourösen Klangkörpern gehören die Berliner Symphoniker, gegründet 1967 im Westteil der Stadt, als zwei Orchester fusionierten.
Jochen Thärichen war seit 1989 bis zu seinem Tod Intendant des Orchesters. Sein Vater stand an den Pauken bei den Philharmonikern, seine Mutter war Sängerin; Jochen Thärichen selbst ist auch Musiker; 15 Jahre lang spielte er bei den Symphonikern Trompete, bevor er die Intendanz übernahm. Kein Job, um den man ihn beneiden müsste. Denn das Orchester stand immer im Schatten der Großen, sollte vom Berliner Senat schon in den 90er abgewickelt werden und verlor dann unter rot-roter Ägide Anfang dieses Jahrtausends die Subventionen. Und das, obwohl es von internationalen Tourneen bis zu Musikpädagogik und Familienkonzerten zu moderaten Preisen ein breites Spektrum bietet.
Thärichens Symphoniker protestierten heftig, spielten auf einem PDS-Parteitag, sorgten für Öffentlichkeit. Dass sie immer noch auftreten, wenngleich oft unter schwierigen Bedingungen und nicht nur auf der Sonnenseite - das ist auch ein Verdienst von Jochen Thärichen. wh
Steven Holcomb
14. 4. 1980 - 6. 5. 2017
Steven Holcomb war 2007 soweit, dass er seinem Leben ein Ende setzen wollte. Damals hatte der Bobpilot aus Lake Placid (USA) erfahren, dass er an einer Augenerkrankung leidet, die ihn peu à peu erblinden lassen wird. Er schluckte 73 Schlaftabletten, doch er überlebte, und die Medizin rettete ihn. Durch ein neuartiges Operationsverfahren konnten die Ärzte 2008 sein Augenlicht retten. Und Steven Holcombs große Zeit im Bobsport begann: 2010 gewann er auf der Eisrinne von Vancouver Olympiagold im Vierer - es war das umjubelte erste US-Gold im großen Bob seit 1948. Viermal wurde Holcomb Weltmeister, allein dreimal im Jahr 2012 bei der WM auf seiner Heimbahn in den USA (Zweier, Vierer, Team). In jenem Jahr veröffentlichte er ein Buch über seine Glücksgeschichte: »Aber jetzt kann ich sehen: Meine Reise von der Blindheit zum Olympiagold«. 2014 holte er in Sotschi zweimal Bronze und für 2018 hatte er sich »mehr vorgenommen«. Am 6. Mai wurde Holcomb tot in seinem Schlafzimmer in Lake Placid aufgefunden, ein Lungenödem ist laut Aussage der Staatsanwaltschaft die Todesursache - Fremdverschulden ausgeschlossen. jig
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