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Ohne Kraft

Die SPD ist ratlos, wie Hannelore Kraft gegen Armin Laschet von der CDU verlieren konnte

  • Sebastian Weiermann, Düsseldorf
  • Lesedauer: 3 Min.

Bis vor drei Wochen hatte die SPD noch zehn Prozentpunkte vor der Konkurrenz gelegen. Als am Abend dieser wichtigsten Landtagswahl des Jahres die ersten Ergebnisse auf den Bildschirmen erscheinen, wird es totenstill in den Reihen der Sozialdemokraten. Schockstarre. Eine richtige Erklärung hat niemand, wie es passieren konnte, dass der als blass geltende Herausforderer von der CDU, Armin Laschet, an ihnen vorbeiziehen konnte.

Die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen gilt als Stimmungstest für die Bundestagswahl. Dementsprechend viel Energie wurde von allen Parteien in den Wahlkampf gesteckt. Die SPD präsentierte sich mit der Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und auch mit Kanzlerkandidat Martin Schulz, der seine Basis in Würselen bei Aachen hat. Die mit der SPD regierenden Grünen verließen sich größtenteils auf sich selbst. Zwar schauten Cem Özdemir und der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann mal an Rhein und Ruhr vorbei, aber die Stimmen sollte die NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann bringen. Sie brachte sie nicht, wie sich zeigen sollte. Die FDP gewann mit ihrer One-Man-Kampagne für Christian Lindner kräftig an Stimmen dazu. Die LINKE stand in der Nacht zum Montag auf der Kippe. Auf fünf Prozent wurde ihr Ergebnis anfangs geschätzt, später am Abend landete sie bei 4,9 Prozent. Von ihrem Ergebnis wird es abhängen, wer letztlich im Land regieren kann.

Klar ist aber schon früh am Abend, dass Hannelore Kraft nicht weiter Ministerpräsidentin bleiben wird. Schon kurz nach 18 Uhr trat sie bei der Wahlparty der SPD auf, bedankte sich bei allen Wahlkämpfern und erklärte, von allen Ämtern in der Partei zurückzutreten. Kraft erntete bei ihrem Auftritt wenig Applaus, sie verließ die Wahlparty ihrer Partei nach wenigen Minuten. Danach leerte sich die Veranstaltung der Sozialdemokraten merklich.

Jubelstimmung gab es hingegen bei der CDU. Armin Laschet trat wenige Minuten nach der ersten Prognose vor die Kameras und sagte, der Titel Ministerpräsident klinge für ihn »ungewohnt«. Der ungekrönte König der Landtagswahlen ist und bleibt allerdings Christian Lindner. Die FDP hatte ihren Wahlkampf komplett auf seine Person zugeschnitten. Inhalte spielten nur eine zweitrangige Rolle und das war offenbar kein Nachteil. Die Liberalen erzielten ein ungeahnt gutes Ergebnis.

Die zentrale Frage im NRW-Wahlkampf ist das Ergebnis der LINKEN. Schafft sie die fünf Prozent und damit den Einzug oder nicht? Als die LINKE in der Hochrechnung um 20 Uhr nur noch bei 4,9 Prozent verharrte, jubelten die FDP-Anhänger im Landtag. Ohne die LINKEN im Landtag könnten sie eine Koalition mit der CDU bilden. Mit der LINKEN im Landtag läuft alles auf eine Große Koalition hinaus. »Wir machen es spannend«, kommentierte LINKE-Spitzenkandidatin Özlem Alev Demirel mit einem bitteren Grinsen.

Die große Überraschung des Abends bleibt allerdings das historisch schlechte Abschneiden der SPD. Mit einer Ausnahme hatte die Partei ein halbes Jahrhundert lang das Land geführt. Die Sozialdemokraten schafften es nicht, in der Frage sozialer Gerechtigkeit zu punkten. Bei der inneren Sicherheit häuften sich in den vergangenen Jahren die Negativschlagzeilen. Einbrüche, die Silvesterübergriffe in Köln und Versäumnisse im Umgang mit dem Berlin-Attentäter Anis Amri - diese Themen trugen mit dazu bei, dass es für die SPD nicht zum Sieg reichte. Hätte Hannelore Kraft sich von Innenminister Ralf Jäger getrennt, wären ihre Chancen besser gewesen. Der Integrationspolitiker Armin Laschet erkannte hingegen, dass er nicht als Innenpolitiker gilt, und holte sich Hilfe vom Hardliner Wolfgang Bosbach. Seitdem die CDU auf die Karte Sicherheit setzte, holte sie in Umfragen stetig auf.

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