Mehr könnte für Ostrentner bald weniger sein

Gesetzentwurf zur Rentenangleichung erntet bei einer Anhörung im Bundestag teilweise deutliche Kritik

  • Fabian Lambeck
  • Lesedauer: 3 Min.

Es klingt wie der ganz große Wurf: 27 Jahre nach dem Beitritt der DDR soll die Renteneinheit endlich vollendet werden. Das zumindest verspricht Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD). Ihr Gesetzentwurf zur Rentenangleichung sieht vor, dass der Rentenwert Ost bis 2025 in sieben Schritten auf Westniveau steigen soll. Derzeit befindet sich der Entwurf im parlamentarischen Prozess und so beschäftigte sich am Montag auch der Bundestags-Ausschuss für Arbeit und Soziales in einer Anhörung mit dem Vorhaben. Viele der geladenen Experten mahnten dabei Nachbesserungen an.

Der Vertreter der SPD-nahen Arbeiterwohlfahrt (AWO) plädierte dafür, den Rentenwert statt in sieben in nur zwei Schritten anzuheben. Die von Nahles vorgesehene schrittweise Erhöhung sieht ein Plus von jeweils 0,7 Prozent pro Jahr vor. Diese geringe Steigerung könnte dazu führen, dass der Rentenwert Ost nach der derzeitigen Anpassungsformel höher ausfällt »als nach der für diesen Stichtag im Gesetzentwurf vorgeschlagenen ersten Angleichungsstufe«, so die AWO. Nahles Planungen sehen vor, dass der Wert zum 1. Juli 2018 auf 95,8 Prozent steigt. Doch aufgrund der anhaltend guten Konjunktur klettert der Rentenwert bereits zum 1. Juli 2017 von 94,1 auf 95,7 Prozent. Somit steigt der Wert nach der derzeitigen Regelung schneller, als nach der von Nahles präferierten Formel. Und so warnte der AWO-Experte: Wenn diese Dynamik im nächsten Jahr anhält, müsse man sicherstellen, »dass Rentner nicht von einem schnelleren Angleichungsprozess abgeschnitten werden«.

Auch der Sozialstatistiker Eckart Bomsdorf von der Uni Köln erkannte hier Versäumnisse im Entwurf, die zu einer »Verschlechterung« für Ost-Rentner führen könnten. Bomsdorf schlug vor, die für 2019 bis 2024 vorgesehene Anpassung auf die Jahre 2018 bis 2023 vorzuziehen. Zudem sollte eine Mindestbegünstigungsklausel garantieren, dass das alte Rentenrecht angewendet wird, wenn dies zu einem höheren Rentenwert führt als die Neuregelung.

Alfred Spieler von der Volkssolidarität bezeichnete es als »wünschenswert«, die Angleichung »so wie im Koalitionsvertrag vorgesehen« bis 2020 zu vollziehen.

Die Vertreter der Deutschen Rentenversicherung hatten hier keine Bedenken. Aus ihrer Sicht sei »eine Straffung des Zeitplans denkbar«. Sprich: Die Angleichung könnte durchaus schneller und in weniger Schritten erfolgen.

Der DGB-Vertreter verwies auf ein weiteres Problem, das sich aus den Lohnunterschieden in Ost und West ergibt. Das Beitrittsgebiet sei »in weiten Teilen eine tariffreie Zone«. Wenn die Höherwertung der Löhne, wie im Entwurf vorgesehen, wegfallen, dann »bedarf es einer Alternative«, etwa einer Stärkung der Allgemeinverbindlichkeit. Sollte die »Lohndiskriminierung Ost« weiter Bestand haben, müsse auch die Höherwertung beibehalten werden, so der Gewerkschafter.

Bodo Aretz vom Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung widersprach: Auch in Westdeutschland werde die »Lohnspreizung stärker«. Nur um dann darauf zu verweisen, dass das Bruttojahresarbeitsentgelt im Osten 2015 nur 87 Prozent des Westniveaus betragen habe. Für 2017 erwarte er einen Anstieg auf 89 Prozent.

Alfred Spieler machte zudem deutlich, dass der Begriff »Rentenüberleitung« unzutreffend sei. So entstehe der Eindruck, »als ob alle Ansprüche übergeleitet sind«. Dieser Eindruck täusche aber, da strittige Fragen der Rentenüberleitung offen blieben. Reichsbahner, Beschäftigte im Sozial- und Gesundheitswesen oder in der DDR Geschiedene wurden nicht berücksichtigt. Hier scheute der Gesetzgeber wohl den Aufwand.

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