Das Zittern vor der Großen Trübsal

Trumps Skandale haben den Heiligen Mammongeist aus den US-Börsentempeln vertrieben

  • John Dyer, Boston
  • Lesedauer: 3 Min.

US-Präsident Donald Trump bereitet der Wall Street Sorgen. Es sind nicht nur seine Skandale, sondern auch die Befürchtung, dass er seine angekündigte wirtschaftsfreundliche Politik nicht umsetzen kann. Am Mittwoch sind die Kurse auf den tiefsten Stand seit September gefallen. S&P 500 und Dow-Jones-Index gaben jeweils um 1,8 Prozent, die Technologiebörse NASDAQ um 2,6 Prozent nach.

Der Financial Select Sector SPDR ETF, ein Portfolio großer US-Banken, rutschte gar um 3,2 Prozent ab. Die 500 reichsten Menschen des Planeten haben durch den Abwärtstrend laut Bloomberg Billionaires Index 35 Milliarden Dollar verloren.

Trump hat Steuerkürzungen versprochen, ein Infrastrukturprogramm über eine Billion Dollar angekündigt und eine Steuerreform zugesagt. Trump wollte zudem gegen Länder wie China und Mexiko vorgehen, denen er vorgeworfen hat, US-Produktionsarbeitsplätze zu stehlen. Noch hat er nichts davon in die Wege geleitet.

So seien auch nicht die Skandale das Problem, meint Brad McMillan, Investmentchef bei Commonwealth Financial Network. »Das Problem ist, dass die Märkte erwartet haben, dass es wesentliche politische Maßnahmen für die Wirtschaft gibt. Doch die Wirtschaftspolitik schrumpft von Tag zu Tag, weil es so viele politische Probleme zu lösen gibt.« Der Kursabstieg begann an dem Tag, an dem Berichte über die versuchte Einflussnahme von Trump auf den ehemaligen FBI-Chef James Comey veröffentlicht wurden.

Diese Entwicklung kommt zu einem Zeitpunkt, an dem bereits eine Verlangsamung des Wachstums erwartet worden war, sollte die Regierung nicht dagegen anarbeiten oder es einen technologischen Durchbruch geben.

Zwar haben die USA nach langsamem, aber beständigem Wachstum in den Jahren nach der Finanzkrise inzwischen beinahe wieder Vollbeschäftigung erreicht. Doch China strauchelt weiterhin und in Europa herrscht wegen des Brexit Unsicherheit.

Daher hatten Beobachter mit einem weltweiten Nachlassen des Wachstums gerechnet. Der frühere Fed-Chef Ben Bernanke sagte am Mittwoch, er befürchte, dass die mangelnde Stabilität im Weißen Haus die Lage noch verschärfen könnte. »Offensichtlich sind das begründete Sorgen.«

Trump ist bisher damit gescheitert, Obamacare abzuschaffen. Ein überarbeiteter Entwurf seines Gesetzes wurde zwar vom Repräsentantenhaus angenommen, Senatoren drückten hingegen ihre Ablehnung aus. Daraufhin kündigte Trump seine Steuerreform an, was von der Wall Street begrüßt wurde.

Doch nun scheint es, als müsste diese hinter aktuellen Problemen zurückstehen. »Wir haben schon mehrfach gesehen, dass die Trump-Agenda entgleist ist und er versucht hat, sie wieder in die Spur zu bringen«, sagt Michael O’Rourke, leitender Marktstratege bei der Investmentfirma JonesTrading. »Immer mehr Investoren kommen zu dem Schluss, dass es angesichts der jüngsten Anschuldigungen schwer sein wird, wieder auf Kurs zu kommen.«

Die zunehmend verwirrende Politik unter US-Präsident Trump und eine schwache Wall Street hatten auch dem Dax am Mittwoch zugesetzt. Mit einem Minus von 1,35 Prozent auf 12 631,61 Punkte beendete der deutsche Leitindex den Handel. Im laufenden Jahr ist dies sein bislang größter Tagesverlust. Noch am Vortag hatte der Dax bei 12 841,66 Punkten eine weitere Bestmarke gesetzt.

Der MDax der mittelgroßen Werte rutschte zur Wochenmitte um 1,66 Prozent auf 24 685,71 Zähler ab. Für den TecDax ging es um 1,49 Prozent auf 2198,05 Punkte abwärts.

Trump werde immer stärker zu einer Belastung für die Aktienmärkte, sagte Analyst Gregor Kuhn vom Handelshaus IG Markets, während Börsenexperte Jochen Stanzl von CMC Markets das Politik-Chaos in Washington als Stimmungskiller bezeichnete. Das dominierende Angst-Thema nicht nur am deutschen Aktienmarkt sei derzeit eine mögliche starke Korrektur an der Wall Street, erklärte Stanzl.

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