Der Teflon-Präsident
Südafrikas Staatschef Jacob Zuma übersteht einen Skandal nach dem anderen
Südafrikas Staatschef Jacob Zuma hat viele Beinamen. Nach seinem Clannamen wird er Msholozi genannt, in den Medien des Landes hat sich in letzter Zeit jedoch ein anderer, weniger rühmlicher Begriff etabliert: Zuma ist der »Teflon-Präsident«. Denn wie bei einer beschichteten Pfanne bleibt auch am ersten Mann im südafrikanischen Staat nichts haften. Den jüngsten Beweis lieferte Zuma am Wochenende während der Sitzung des Nationalen Exekutivkomitees (NEC) seines African National Congress (ANC). In deren Rahmen wurde zum zweiten Mal innerhalb eines halben Jahres ein parteiinterner Abberufungsantrag abgeschmettert. Und das, nachdem erst am Samstag E-Mail-Korrespondenzen öffentlich geworden waren, die belegen, wie weit die Unterwanderung staatlicher Strukturen durch Zuma nahestehenden Geschäftsleuten fortgeschritten ist.
Die geleakten E-Mails, die das Online-Portal »Times Live« und die Tageszeitung »The Citizen« präsentierten, stammen aus der Unternehmer-familie Gupta, mit der Präsidentensohn Duduzane Zuma geschäftlich verbunden ist. Demnach erhielten die Guptas beispielsweise den Lebenslauf von Bergbauminister Mosebenzi Zwane - einen Monat vor dessen Ernennung. Der Kandidat fand Gefallen und zahlte bald zurück: Zwane war entscheidend in den Verkauf einer Kohlemine an eine Gupta-Firma involviert, die der halbstaatliche Stromversorger Eskom mit generösen Abnahmegarantien absicherte. Wie aus den E-Mails weiter hervorgeht, finanzierten die Guptas zudem Flugreisen und Aufenthalte in Luxushotels für mehrere Minister und Führungskräfte von halbstaatlichen Konzernen. Zwane und dem Vorsitzenden der ANC-Jugendliga, Collen Maine, verpassten die Unternehmer gar Weiterbildungen zum Umgang mit Medien bei unliebsamen Nachfragen. Und Zuma selbst, das scheint die Exit-Strategie zu sein, sollen die Guptas derzeit dabei behilflich sein, eine Residenz in Dubai zu erlangen.
Wie weit auch das Führungsgremium des ANC vom Zuma-Gupta-Clan unterwandert wurde, ist bisher nicht bekannt. Klar ist aber, dass all die Skandale das NEC nicht davon abhielten, sich mehrheitlich erneut hinter Zuma zu stellen. Lediglich 18 der insgesamt 107 Gremiumsmitglieder sprachen sich einem auf anonymen internen Quellen basierenden Bericht des Internetportals der Wochenzeitung »Mail & Guardian« offen gegen Zuma aus. 54 stellten sich hinter den Staats- und Parteichef.
In einer am Montag veröffentlichten Stellungnahme zur NEC-Sitzung ging der ANC auf den Vorstoß zur Absetzung Zumas nur ganz kurz ein. Die Mehrheit der Gremiumsmitglieder sei jedoch weder dafür noch dagegen gewesen, sondern habe »auf die Notwendigkeit von Einheit innerhalb der Organisation« hingewiesen. Genau die ist mit Zuma allerdings längst nicht mehr zu haben, denn längst fordern neben einer Gruppe von 101 Parteiveteranen auch die beiden Bündnispartner in der Regierungsallianz, die kommunistische Partei SACP und der Gewerkschaftsbund COSATU dessen Absetzung. Auf den geballten internen Widerstand ging das NEC jedoch in seinem Statement gar nicht ein. Stattdessen hieß es darin, dass es vor allem der Opposition nicht nur darum ginge, Zuma abzusetzen, sondern auch den ANC von der Macht zu verdrängen. Mit dem Festhalten an ihrem Präsidenten hilft die Partei dabei allerdings fleißig mit. Die Chance, Zuma selbst abzuberufen und das Ansehen der Organisation zu retten, ist seit dem Wochenende vertan.
Die Opposition will den Staatschef nun per Misstrauensvotum im Parlament stürzen. Dazu benötigt sie allerdings etwa 60 Stimmen aus den Reihen des Regierungslagers. Ob das Votum geheim abgehalten werden darf, darüber wird in den kommenden Wochen das Verfassungsgericht des Landes entscheiden. Im Zuma-Lager geht aber offensichtlich bereits die Angst um, dass der Staatschef durch Abweichler aus den eigenen Reihen zu Fall gebracht werden könnte. Das NEC wies jedenfalls in seinem offiziellen Bericht noch einmal ausdrücklich daraufhin, dass ein Abweichen von der vorgegebenen Abstimmungslinie - also für Zuma - gegen die Parteistatuten verstoßen würde. Letztere verbieten allerdings auch die »Kollaboration mit konterrevolutionären Kräften«, derer sich Zuma fortgesetzt schuldig macht.
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