Mehr Flüchtlinge nutzen die Gibraltar-Route
Libyen sperrt Küste für ausländische Rettungsschiffe / Marine droht Flüchtlingshelfern mit Konsequenzen
Madrid. In Spanien könnten in diesem Jahr mehr Flüchtlinge über den Seeweg ankommen als in Griechenland. Wie die Internationale Organisation für Migration (IOM) am Donnerstag mitteilte, kamen seit Jahresbeginn bis zum 6. August fast 8200 Menschen nach Spanien. Dies sei mehr als im gesamten Jahr 2016. In Griechenland kamen demnach im selben Zeitraum 11.713 Menschen über das Mittelmeer an.
Als eine Ursache für die ansteigenden Flüchtlingszahlen in Spanien gilt laut IOM die gefährliche Route über die Sahara und Libyen. Viele Menschen aus westafrikanischen Ländern würden daher ausweichen und an der Küste entlang über Marokko versuchen, nach Europa zu gelangen. Dafür würden in der Regel aber kleinere Boote genutzt.
Urlauber an einem Strand in Südspanien waren am Mittwoch von der Ankunft eines Flüchtlingsbootes überrascht worden; die Insassen sprangen heraus und rannten sofort weg. Am selben Tag wurden zwölf Flüchtlinge auf Jet-Skiern vor der spanischen Enklave Ceuta gesichtet. In Tarifa an der Südküste kamen am Donnerstag zehn Geflüchtete in einem Boot an. Deutlich höher sind die Zahlen aber nach wie vor in Italien: Dort kamen in diesem Jahr nach Schätzungen bereits mehr als 96.000 Flüchtlinge an.
Libyen sperrt Küste für ausländische Rettungsboote
Unterdessen erhöhte Libyen den Druck auf die Flüchtlingshelfer im Mittelmeer. Die libysche Marine erklärte am Donnerstag, ausländische Schiffe dürften die Küste des Landes ohne spezielle Erlaubnis der Behörden nicht mehr anfahren. Dies gelte für eine »Such- und Rettungszone« für Flüchtlinge rund um die Küste. Wie weit sich diese Zone erstreckt, war zunächst unklar.
Ein Sprecher der libyschen Marine sagte in Tripolis, dies sei »eine klare Botschaft an alle, die die libysche Souveränität missachten und keinen Respekt für die Küstenwache und Marine haben«. Die neue Vorschrift gelte ausdrücklich »für Nichtregierungsorganisationen, die vorgeblich illegale Einwanderer retten und humanitäre Aktionen durchführen wollen«.
Von Libyen aus versuchen zahlreiche Menschen aus Afrika mit Booten über das Mittelmeer in die EU zu gelangen. Viele von ihnen erleiden Schiffbruch, die einzige Rettung bieten dann häufig private Hilfsorganisationen.
Italien hatte zuletzt den Druck auf die Seenotretter verstärkt. Das Schiff »Iuventa« der deutschen Hilfsorganisation Jugend Rettet wurde beschlagnahmt, das Boot einer spanischen Gruppe konnte tagelang nicht einen sizilianischen Hafen anlaufen.
Italien will erreichen, dass alle Flüchtlingshelfer einen neuen Kodex unterschreiben. Dieser sieht unter anderem bewaffnete Polizisten an Bord vor. Die Mehrheit der im Mittelmeer tätigen Organisationen sperrt sich dagegen und verweist auf das international geltende Seerecht. Agenturen/nd
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.