Fotos von Schafen

Die Shitlers aus Bochum stehen bereit, «Deutschpunks Zukunft zu sein»

  • Thomas Blum
  • Lesedauer: 3 Min.

Nur wegen Shitlers ist Punk wieder interessant«, heißt es in einem der neuen Lieder der Bochumer Punkband Die Shitlers. Und das stimmt.

Punkrock ist ja in aller Regel heute für denkende und empfindende Menschen ausschließlich musikhistorisch von Interesse. Er ist heute die Musik der Vorvorgestrigen, die Musik der abgehalfterten Grundschullehrerinnen und gichtfingerigen »Zeit«-Leser, in Musik gegossene komprimierte Langeweile, kurz: die Musik all jener, die nostalgisch ihrer Studentenzeit, sprich: ihren Widerstandssimulationen aus den frühen 80er Jahren, nachhängen und den Anschluss an die Gegenwart verpasst haben. Das wissen auch die Shitlers. Diese aber immerhin versuchen sich an einer Ehrenrettung dieses untoten Genres und kündigen an, sie stünden »bereit, Deutschpunks Zukunft zu sein«.

Kurz: Dieses Album ist sehr gut. Besonders die pfiffigen Texte verdienen eine lobende Erwähnung.

»Es gibt komische alte Bands aus Solingen und Umgebung / Die machen Punk wie aus den 1970er Jahren / Irgendwelche alten Plattensammlersäcke kaufen das dann als Vinyl / Doch ich würd’ das nicht mal runterladen.« Von vielen Texten ist allerdings leider kaum etwas zu verstehen. Zuweilen sind jedoch einzelne Begriffe wie »Hurensöhne«, »Bochum« oder »HipHop« zu identifizieren.

Auch die Musikzeitschrift »Intro« meint, an diesem Album sei »rein gar nichts peinlich«. Aber das hätte man ja auch schon, ohne nur einen einzigen Takt Musik zu hören, bei der Betrachtung des Artworks wissen können: Das ebenso eigenwillige wie gewöhnungsbedürftige CD-Cover zeigt ein paar aufgeschlossene junge Männer, die mit nacktem Oberkörper und heruntergelassenen Hosen offenbar orientierungslos vor einem Kiosk herumstehen. Ihre Geschlechtsteile sind verpixelt. Bei den nackten jungen Männern handelt es sich um die genannten Shitlers. Das der CD beiliegende Booklet, in dem sich die Songtexte bedauerlicherweise nicht finden, enthält ausschließlich Fotos von Schafen. So weit, so gut.

Der tausendfach so oder so ähnlich gehörte 1-2-3-4-Rumpelpunkrock der Shitlers ist genauso wunderbar unoriginell und genauso stulle und stumpf, wie man das erwartet. Doch gibt es hier keine verlogene Authentizitätshuberei, keine Parolen, kein geckenhaftes Getue und keine Groschenheftromantik. Auch völkischen und sonstigen Kitsch wird man hier vergeblich suchen.

Als größte Herausforderung für den Hörer dürfte sich der Track »Bierbong« erweisen, auf dem gefühlte drei Stunden lang eine Hand voll offenbar berauschter junger Menschen unfassbare Banalitäten und leeres Geschwätz von sich gibt, während im Hintergrund eine lummelig-verdaddelte Pausenmusik ziellos und unambitioniert vor sich hinwurschtelt. Andererseits ist gerade ein Track wie dieser mit seiner expliziten Enttäuschung jeder Hörererwartung die erfreuliche Antithese zum konfektionierten Einheitspopschlager der Gegenwart.

Die Shitlers: »This Is Bochum, Not L.A.« (Weltgast)

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